Eatdrink: Klaus Kamolz

eatdrink von Klaus Kamolz Von Fischen und Knödeln

Von Fischen und Knödeln

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Mein lieber Schwan, das darf man hier sagen, weil ich bin in der Nähe von Gmunden am Traunsee, wo der weiße Vogel ohnehin das inoffizielle Wappentier ist. Mein lieber Schwan also, was für eine Küche: edelstählerne Küchenelemente aus dem Gas­trofachhandel, perfekt gediegene Essecke, Küchengeräte auf dem letzten Stand von, äh, sagen wir 1985. Der Mann hatte Geschmack. „Dabei hat er“, sagt die kompetente Führerin durch den Bauernhof in Obernathal, „fast nie gekocht.“ Man kann sich dem Traunsee ziemlich gut über die Küchen nähern; diese eben beschriebene gehörte – erraten – Thomas Bernhard und steht noch heute so da wie zu seinen Lebzeiten.
Ein paar Autominuten später die nächste Küche. Am Ostufer empfangen Ingrid und Franz Pernkopf im Landhotel Grünberg. Wer schon immer ein Faible für Kochbücher hatte, besitzt wahrscheinlich eines von Ing­rid Pernkopfs Werken über Knödel, Strudel oder die oberösterreichische Küche. Und wer so was nicht nur sammelt, hat hier vielleicht schon einen ihrer Kochkurse besucht – in der beeindruckend ausgestatteten Kochschule mit der noch beeindruckenderen Kochbuchbibliothek, die sich über nahezu die gesamte Wandfläche des geräumigen Studios zieht. Die Seeterrasse des Grünberg macht in geschäftigen Zeiten den Eindruck einer Touristendurchfütterungsstation, aber das trifft die Sache nicht im Geringsten. Der Service lässt sich auch in den Rushhours nicht aus der Ruhe bringen, und Pernkopfs gut geerdete Küche ist, von der Lammpastete über die gebratene Reinanke aus dem See bis zu den famosen Räucherfischknödeln in Krensauce, ein umkompliziertes Vergnügen. Und weil besagte Knödel in ihrer würzig-rauchigen Intensität eine Herausforderung für die Weinbegleitung darstellen können, sitzt man hier auch nicht am falschen Ort. Franz Pernkopf betreut in seinem Keller nämlich erfrischend alte Jahrgänge bis zurück in die frühen Neunziger aus der Wachau, dem Burgenland und Piemont.
Zur Jause schickt Franz Pernkopf mich zur nächsten Bastion der Traunsee’schen Bodenständigkeit. Ein auf Holzkohle gegrillter Saibling in der Fischerei Trawöger in Altmünster muss sein, sagt er. Dort schlurfen die Trawögers in ihren Badeschlapfen über den Asphalt vor der Schiffanlegestelle und servieren köstliche, allerdings gut gesalzene Salmoniden auf nichts weiter als Wurstpapier. Und das nicht mehr ganz so frische Brot? Das kriegt halt wieder einmal der Schwan.
Bodenständigkeit Nummer drei: der hinreißende Garten in der Ebenseer Mostschenke der Familie Steinkogler. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich hier noch gesessen wäre, beim butterzarten Bradl in der Rein und den knusprig herausgebackenen Kaspressknödeln, aber die orts- und wetterkundigen Kellnerinnen und Kellner schauen schon die ganze Zeit in den Himmel, in dem ich noch gar nichts erkenne – bis die rabenschwarze Front, die heuer so oft auftaucht, sich über den Traunstein in meine Richtung schiebt. Deshalb muss das Motorboot in Traunkirchen noch ein wenig warten, bevor es in diese abgelegene, nur über den See oder mit Wanderschuhen erreichbare Hütte geht, die schon in internationalen Finanzkreisen Aufmerksamkeit erregt hat.

Nächste Woche: Ein eigenwilliger Wirt, eine angesagte Almhütte und ein neues Buch über den Traunsee

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