Kunstfehler

Affäre. Anhaltende Turbulenzen um Kunsthallen-Chef Gerald Matt

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Als im April dieses Jahres erstmals Vorwürfe gegenüber Kunsthallen-Direktor Gerald Matt laut wurden, gab sich die Wiener Kulturpolitik zurückhaltend: Zu mehr als der Ankündigung einer Kontrollamtsprüfung konnte sich der zuständige SPÖ-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny damals nicht durchringen. Auch Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Grünen und damit des Koalitionspartners, kritisierte Matt zwar – setzte darüber hinaus jedoch keine Schritte.

Dabei hatte gerade Werner-Lobos Parteifreund Wolfgang Zinggl, Grünen-Kultursprecher im Parlament, die Un­regelmäßigkeiten bei Matts Umgang mit Ressourcen der Kunsthalle aufgedeckt – der Direktor hatte unter anderem Mitarbeiter des Hauses in ihrer Arbeitszeit für seine Privatprojekte eingesetzt. Zinggl zeigte Matt später sogar an, als bekannt geworden war, dass er potenziellen ausländischen Sponsoren die österreichische Staatsbürgerschaft versprochen hatte.

Nachdem profil in der Vorwoche über fünf eidesstattliche Erklärungen von ehemaligen Kunsthallen-Mitarbeitern berichtet hatte, die für private Arbeiten in Matts Wohnung über Jahre aus Geldern der ­Institution bezahlt worden sein sollen, schien Mailath-Pokorny erstmals klare Worte zu finden. Die Politik solle verstärkt Kontrollmöglichkeiten auf die Institution erhalten – zu diesem Zweck sollte die Organisation der Kunsthalle umstrukturiert, eine GesmbH mit Aufsichtsrat gegründet werden. Auch „personelle Erneuerungen“ stellte der Stadtrat in Aussicht. Derzeit ist der Einfluss der Stadt auf die Kunsthalle gering, da diese als privater Verein geführt wird. Zu den angekündigten Umstrukturierungen lässt Mailath-Pokorny auf profil-Anfrage ausrichten, dass er die Neuerungen „in wenigen Wochen“ präsentieren werde. Man arbeite daran – und zwar seit „geraumer Zeit“. Die Bitte nach einer exakteren Zeitangabe weist die Pressesprecherin des Stadtrats allerdings von sich.

Klaus Werner-Lobo dagegen fuhr in der Vorwoche schwerere Geschütze auf: Eine weitere Beschäftigung des Kunsthallen-Direktors sei „derzeit nicht tragbar“, erklärte er via Presseaussendung. Im Gespräch mit profil nimmt Werner-Lobo zudem den Vorstand der Kunsthalle und dessen Präsidenten Thomas Häusle in die Pflicht, der alle in profil publizierten Vorwürfe gegenüber Matt dementierte: „Verantwortlich für die Misere ist der Verein.

Es ist offenkundig, dass Häusle Matts Geschäfte toleriert hat.“ Daher, so der Grüne, solle der Vereinsvorstand Lösungsvorschläge machen.
Das Dilemma, in das Matt die städtische Kulturpolitik gebracht hat, ist offensichtlich: Verweigert sie der Kunsthalle ihre Subventionen für das kommende Jahr, so bringt sie die Institution mitsamt ihren Mitarbeitern in ernsthafte Probleme. Bewilligt sie dagegen die Förderungen, hat der Vorstand wenig Änderungsbedarf. „Ich sag es ehrlich: Das ist wahnsinnig schwierig. Wir sitzen mit dem Koalitionspartner zusammen, und die Köpfe rauchen“, bestätigt Werner-Lobo.

Trotzdem bleibt er bei seiner Bedingung: „Wenn Matt sich nicht – wenigstens temporär – zurückzieht, können die Grünen weiteren Zahlungen an den Verein Kunsthalle Wien nicht zustimmen.“ VP-Kultursprecherin Isabella Leeb brachte in der Vorwoche – nicht zum ersten Mal – einen Resolutionsantrag im Gemeinderat ein, der im Wesentlichen dieselben Schritte fordert wie Werner-Lobo: Umstrukturierung der Kunsthalle und Kündigung Matts als Bedingung für weitere Fördermittel. Die Anträge Leebs hatten die Grünen jedoch stets abgeschmettert – einerseits aus Koalitionsräson, andererseits aber auch mit der eher merkwürdigen Begründung, dass diese zum Großteil auf den von Zinggl recherchierten Daten beruhten.

Über den weiteren Umgang mit der Kunsthalle Wien, ihrem Direktor Matt und seinem Vorstand hätten sich die politisch Verantwortlichen freilich schon im Frühjahr die Köpfe zerbrechen können. Schon zu jenem Zeitpunkt nämlich konnte der Vorstand die Vorwürfe gegenüber dem Direktor nicht wirklich überzeugend entkräften. In Zusammenhang mit einem Interview-Buch, für das Kunsthallen-Mitarbeiter gewerkt hatten und Matt privat Geld erhalten hatte, sprach dieser damals zunächst von einem eigenen „Zeiterfassungssystem“ im Haus, das eine saubere Abrechnung garantiere. Später deklarierte Häusle die viel kritisierte Publikation als Kooperation zwischen Parlament und Kunsthalle – was wiederum eine Sprecherin des Hohen Hauses dezidiert in Abrede stellte. Zudem erklärte er, dass der Vorstand dem Direktor die Nutzung betrieblicher Ressourcen für Nebentätigkeiten bewilligt habe; angesichts der Tatsache, dass die Kunsthalle das Gros ihres Budgets durch öffentliche Gelder im Ausmaß von 4,1 Millionen Euro bestreitet, erstaunlich.

Doch über mangelnde Loyalität konnte sich Matt bei seinem Vorstand ohnehin noch nie beklagen. Schließlich hatte er ihn einst selbst eingesetzt.

Nina   Schedlmayer

Nina Schedlmayer