Mud-Ranking

Tricks für die Schlammschlacht im US-Wahlkampf

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Die folgenden Empfehlungen eventuell zielführender dirty tricks, des Überschüttens mit mud (Dreck), beruhen selbstverständlich auf groben Vereinfachungen; damit verfehlen sie allerdings ihr Thema nicht besonders, da dem durchschnittlichen Amerikaner – schon die erste Verallgemeinerung – nichts so suspekt ist wie Individualismus. Da er sich als geselligen Menschen sieht, orientiert er sich gern rückversichernd der Meinung des mainstreams und betrachtet Abweichungen davon argwöhnisch als unamerikanisches Verhalten. Auf dieser Grundlage sollte auch ein Wahlkampf ums höchste Amt der USA verstanden werden: Je eindrucksvoller ein Kandidat den oder die anderen als unamerikanisch hinstellen kann, als einen, der sich um das Empfinden des Volks nicht schert, der nicht davon beseelt ist, dass Amerika immer und überall obsiegt – „right or wrong: my country“ –, umso überlegener wird er die Massen für sich gewinnen. Wer bloß clever ist, ist noch lang nicht klug, sondern gewitzigt, wenn nicht gar gerissen, übervorteilt einen einfachen, ehrlichen good guy vielleicht – wovor die Amerikaner berechtigte Angst haben.
Das alles darf der Kandidat aber ja nicht offen und womöglich selber sagen, sonst würde sein Volk ja merken, dass er es für so leicht übertölpelbar hält, wie er es insgeheim tut. Dafür hat er seine Wahlhelfer, und die haben ihre mud men: Leute, die anderen Leuten „vertraulich“ etwas stecken, damit diese die garstigen oder schockierenden Neuigkeiten ebenso vertraulich an Journalisten, Publizisten oder Talkmaster weitergeben.

Da US-Kandidaten über den Verdacht, auch nur ein abfälliges Wort über ihren Gegner zu glauben, natürlich erhaben sind, wende ich mich im Folgenden an mud men, deren Schmutzkübel wider Erwarten leer sind.

Beginnen wir mit der Familie des Gegners. Sie wissen, wie heilig jedem Amerikaner seine Familie ist und wie stolz er die hervorragenden Leistungen seiner Vorfahren erwähnt. Dieser Ruhm muss dem Gegner verwehrt werden. Lancieren Sie also akribisch recherchierte Fakten. Der Urgroßvater des Gegners malte während des amerikanischen Bürgerkriegs seinen Körper schwarz an und gab sich als Negersklave auf einer Plantage in Tara, Georgia, aus, obwohl er wehrfähiger weißer Spucknapfreiniger in Maine gewesen war. Nach dem Civil War wusch er sich wieder weiß, machte ein Vermögen mit Nägeln für den Wiederaufbau des Südens, ging dann nach Hollywood und produzierte schmutzige Schwarz-Weiß-Stummfilme (wie „The Great Train Robbery“, „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“).

Der Großvater des Gegners ließ sich im Ersten Weltkrieg wehruntauglich schreiben, weil er angeblich Schwindel(!)-Anfälle hatte; er verkaufte während der Prohibitionszeit Schnaps („Black & White“) und kaufte feig erst nach 1929 an der Börse Aktien – um fromm zu erscheinen, nur die der Bethlehem Steel; die Großmutter war als Nackttänzerin („Naughty Nellie“) berüchtigt. Der Vater war im Zweiten Weltkrieg Aufseher eines Pariser Soldatenbordells und mehrte das Familienvermögen durch regen Spindfoto-Handel mit der US Army.

Kommen wir nun zum Gegner selbst. Am schockierendsten ist wohl, dass er mit einer der ersten Videokameras seine Eltern heimlich beim Sex gefilmt hat – noch dazu in einer Art, die sein Vater wohl in Paris kennen gelernt hatte. Das ist erwiesen, weil er das Video verkauft hat, um, wieder heimlich, ein Off-Broadway-Anti-Vietnam-Drama zu produzieren („The Barber“).

Er geht äußerst selten in die Kirche; wenn, dann singt er nicht; seine Frau singt blasphemisch falsch. Die amerikanische Hymne hat er seit Jahren nicht mehr in öffentliche Reden einfließen lassen – wahrscheinlich kennt er sie gar nicht! Niemals auch sagt er beim Betreten eines Aufzugs: So help me God!, er isst in vietnamesischen Lokalen, hat daheim echte Perserteppiche, und als er kürzlich in einem Tierheim Pate zweier Katzen wurde, nannte er sie Pyöng und Yang. Er hat noch nie Nachbarschaftshilfe geleistet, er schenkte in einem Kindergarten den Buben Pfeil und Bogen statt der üblichen Sherman-Spielpanzer, und den Mädchen Malbücher statt Barbiepuppen. Es ist bekannt, dass er nackt duscht und nicht einmal eine wasserdichte Marines-Uhr am Handgelenk trägt, dass er beim Fernsehen lacht, obgleich keine Lachkonserven erklingen, dass er während des ganzen Essens das Messer in der Rechten hält, dass seine Pyjamas keine Bügelfalten haben; sein College war für Filzläuse bekannt, und er hat daheim volkswirtschaftliche Bücher, aber nur vier Bibeln.

Seine Frau ist Mitglied in nur 13 Wohltätigkeitsvereinigungen, gibt sich als Präsidentin eines Heims für Blindenhunde aus, das FBI stellte aber fest, dass es sich um farbenblinde Hunde handelt. Kleidung kauft sie nicht von der Stange, sie kauft die ganze Stange; sie hasst Barbecue und gelbe Hosen; sie hat Fußpilz, Körpergeruch und eine Tante, die Marie-Juana heißt. Beide gelten in Exhibitionistenkreisen als bekannte Spanner. Außerdem werden sie seit Jahren von einem verschwiegenen Sargtischler erpresst.