Gin Ga und Lady Gaga

Neue Alben: Gin Ga und Lady Gaga

profil unerhört. Die wichtigsten CDs der Woche: heimische Opulenz und internationaler Kunststoff

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Von Philip Dulle und Sebastian Hofer

Gin Ga: Yes/No (Monkey Music)

Die Zeit ist reif für mehr Euphorie, für Opulenz und Verdichtung: der österreichische Postindierock-Vierer Gin Ga lässt auf seinem zweiten, schlicht „Yes/No“ betitelten Album keinen Zweifel daran, die Popwelt endlich ein wenig aufzumischen. Bereits mit der Eröffnungshymne „AA“ setzt die Band ihre Weichen auf Sturm, Stadionpopsturm eben, der sich in einem ungeahnt breitflächigen, durchaus eingängigen Sound manifestiert. Dazu schraubt Gin Ga die Indierock-Einflüsse fast gänzlich zurück, spielt mit Synthesizern und blickt auch zurück auf die 80er-Jahre, die zwar als Referenz, aber nicht als reines Retro-Stilmittel dienen. Dem Kitsch entgeht Gin Ga dank einer zurückhaltenden, gänzlich unglamourösen Produktion, die den Abschied vom österreichischen Indiedasein ein wenig leichter macht. Bleibt nur noch eins zu sagen: Welt ahoi! (8.3/10) Ph. D.

Lady Gaga: Artpop (Universal)

Tempovorgabe: Prestissimo. In kaum 60 Sekunden schwingt sich der Eröffnungstrack des neuen Lady-Gaga-Albums (es heißt „Artpop“, der Track: „Aura“) von flamencoidem Gitarrengestreichle zu knallendem Eventhallen-EDM auf, nur um eine weitere halbe Minute später im klassischen Eurovisions-Terrain zu landen. Dort fragt Lady Gaga allen Ernstes: „Do you wanna see the girl who lives behind the aura?“ Das bezieht sich selbstverständlich auf die Sängerin selbst beziehungsweise deren öffentliche Persona und vertieft das Thema, das der Albumtitel nicht wahnsinnig subtil andeutet: „Artpop“, eh klar, schließlich kommt keine Erwähnung von Lady Gaga ohne eine Erläuterung ihrer Artifizialität aus oder ihrer Gratwanderei zwischen Offensichtlichem und Hintergründigem, und schließlich hatte sie zuletzt auch eifrig Kontakt zu Marina Abramovic. Leider stammen die Tracks auf „Artpop“ nicht von dieser, sondern unter anderem von den Eventhallen-Gebrauchsmusikprofis Zedd, RedOne und David Guetta, und das hört man dann auch und kommt dabei schnell ins Grübeln über die positiven und negativen Beiklänge von Begriffen wie „Artifizialität“, vor allem aber über die negativen. Plastik ist auch nur ein Kunststoff. (5.4/10) S. Ho.

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