Nils Holgersson-Schöpferin Selma Lagerlöf wäre 155 Jahre alt
"Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson", war ursprünglich ein vom schwedischen Lehrerverband bestelltes Heimatkundebuch, das Schülern Geografie, Kultur, Geschichte und Soziologie ihres Landes beibringen sollte. Doch es verbreitete sich schnell in alle Welt und wird über 100 Jahre nach seiner Entstehung immer noch in 40 Sprachen verkauft. Der österreichische Philosoph Karl Popper bezeichnete "Nils Holgersson" gar als Lieblingsbuch seiner Kinderjahre.
Die Geschichte vom Rüpel, der als Däumling auf dem Gänserücken Schweden bereist und durch diverse Abenteuer seinen Charakter bildet, ist eine "Coming-of-Age"-Novelle: ein Erziehungsbuch über das Erwachsenwerden.
Nils Holgerssons Mutter
Die ausgebildete Lehrerin Selma Lagerlöf war nicht nur bildlich gesprochen Nils Holgerssons Mutter: Ein Jahr nach Erscheinen des Buches wurde ihr ein sechsjähriges Problemkind anvertraut, das zufällig so hieß wie der kleine Kinderbuchheld.
Dorfgeschichten
Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf pflegte schon als Kind zu sagen "wenn ich einmal alt genug bin, um Romane zu schreiben...". Erzählen hatte auf dem Gutshof Mårbacka, auf dem sie aufwuchs, Tradition. Einige der Sagen und Dorfgeschichten ihrer Kindheit gingen in ihr Werk ein.
Die kleine Selma verfasste Theaterstücke für ihre Marionetten und schrieb als Teenager Gedichte. Mit 23 ging sie nach Stockholm, erst ans Gymnasium, dann ans Lehrerinnenseminar und arbeitete danach zehn Jahre lang in einer Mädchenschule im südschwedischen Landskrona.
In dieser Zeit erschienen Gedichte von ihr in Zeitschriften und die ersten fünf Kapitel ihres Romans "Gösta Berling" entstanden. Ein Jahr, nachdem sie damit einen Schreibwettbewerb gewonnen hatte, erschien 1891 das vollständige Buch. Seine Verfilmung sollte 1928 Greta Garbo berühmt machen.
Doch zunächst war der Roman ein Ladenhüter. Erst als 1893 der dänische Literaturpapst Georg Brandes die dortige Ausgabe lobend besprach, kam der Durchbruch. 1895 erhielt Lagerlöf ein Stipendium und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Sie liess sich auf Reisen unter anderem durch die Schweiz, Italien und Israel zu weiteren Büchern inspirieren.
Nobelpreisträgerin
Nachdem 1906 "Nils Holgersson" erschienen war, konnte sie den verlorenen Gutshof ihrer Kindheit zurückkaufen und auch sonst kam der Erfolg Schlag auf Schlag: 1907 verlieh ihr die Uni Uppsala den Ehrendoktor, 1909 erhielt sie den Nobelpreis.
Mit dem Preisgeld konnte sie Land kaufen und eine Fabrik bauen und damit notleidenden Leuten aus der Umgebung ein Auskommen verschaffen. Auch sonst betätigte sie sich karitativ und verhalf unter anderem der jüdischen Autorin Nelly Sachs zur Flucht aus Nazi-Deutschland.
Als Pazifistin hatte sie sich bereits 1919 mit ihrem Antikriegsroman "Bannlyst" zu erkennen gegeben, und nach ihrer ersten Begegnung mit der Autorin und Feministin Eva Fryxell 1880 setzte sie sich auch für das Frauenstimmrecht ein.
Selma Lagerlöf starb am 16. März 1940 auf Marbacka.
(APA/Red)