Shampoo Boy, Ghost B.C., Imaginary Cities, Die Eternias

Neue Alben: Shampoo Boy, Ghost B.C., Imaginary Cities, Die Eternias

profil unerhört. Die wichtigsten CDs der Woche

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Von Philip Dulle, Sebastian Hofer und Stephan Wabl

Shampoo Boy: Licht (Blackest Ever Black)

Eine Google-Bildersuche zum Bandnamen wirft Fragen auf: Wer ist dieses Pferd? Und warum um Himmels Willen schneidet ihm niemand die Haare an den Beinen? Und wie würde es wohl reagieren, wenn man ihm „Licht“ vorspielen würde? Dass man das neuerdings nicht nur essen, sondern auch hören kann, verdankt sich den Bemühungen dreier erfahrener Fachkräfte aus dem Bereich an- und abschwellendes Dröhnen: Christina Nemec, Peter Rehberg und Christian Schachinger drücken als Shampoo Boy der drängenden Düsternis ihrer Drones auf den vier, jeweils gut zehnminütigen, als Improvisationen entstandenen Stücken von „Licht“ doch tatsächlich einen Hauch Hochstimmung hinein. Aber nur so lange, bis die Gitarre wieder zu Pfeifen beginnt und der Bass vom Himmel fällt. Die Stücke tragen zwar thomasbernhardartige Attwengernamen („Still“, „Gift“, „Fall“ und „Loch“), versagen sich aber zum Glück jeden Lokalkolorit. Denn Avantgarde ist überall. Und Krach macht man am besten, wenn keine Nachbarn in der Nähe sind. (8.5/10) S. Ho.

Die Eternias/Dust Covered Carpet: Split-EP (Seayou Records/Brutal Beauty)

Das Konzept ist beliebt, die Form ein Wahnsinn: Zwei Bands, eine Single-EP (Vinyl, versteht sich) und nur zwei Songs. Spätestens seit der Einführung des internationalen Schallplattenfesttages „Record Store Day“ ist die Split-EP wieder en vogue. Dass man aber keinen Freudentag braucht, um sich eine gute Platte zu kaufen, beweist das Wiener Label Seayou-Records und veröffentlicht mit den beiden hiesigen Bands Die Eternias (1960er-Jahre-Geschrammel, Surf-Rock, Jahrmarktskostüme) und Dust Covered Carpet (Chamber-Pop, kippende Stimme) eine kleine Leistungsschau heimischer Popmusik. Neben „King Youngstar“ und „Mouthflower“ gibt es jeweils einen Song pro Band als digitalen Download; alt und neu schließt sich eben auch 2013 nicht aus. Und weil die Veröffentlichung eben nicht ganz alltäglich ist, gibt es zum Release exklusive T-Shirts und Skateboards (!) der popveredelten Design-Manufaktur Brutal Beauty. Klingt gut, ist gut, tut gut. (8.2/10) Ph. D.

Live wird die Split-EP am 23. Juni im Wiener Rhiz (U-Bahnbogen 37, 1080 Wien) präsentiert. Konzert, DJ-Set und Mode-Show inklusive.

Ghost B.C.: Infestissumam (Island/Universal)

Was für eine Wohltat. Ein Papst mit umgedrehtem Kreuz, leichenblasser Fratze, kultisch ausgebreiteten Armen und Bischofsmütze. Man könnte meinen, die Dänen Mercyful Fate feiern Reunion. Dass sich die Schweden Ghost seit ihrem erstklassigen Debüt-Berserker „Opus Eponymous“ in Ghost B.C. umbenennen mussten (zumindest in den USA), dürfte Bandpapst Papa Emeritus II und seine Group of nameless Ghouls nicht sonderlich stören. „Infestissumam“ ist ein Meisterstück zwischen King Diamond und Blue Öyster Cult, dazu meisterliche Pink-Floyd-Songbauschule („Ghuleh/Zombie Queen“) und jede Menge Stoner-Rock-Reminiszenzen. Steht auf, reicht euch die Hände und singt lauthals: „Come together, together as a one / Come together for Lucifer’s son.“ Habemus papam! (7.8/10) Ph. D.

Imaginary Cities: Fall of Romance (Votiv)

Kennt jemand die kanadische Zweierformation „Imaginary Cities“? Eher unwahrscheinlich, jedoch nicht auszuschließen, auf alle Fälle empfehlenswert. Zumindest bis dato. Die „Huffington Post“ hat das Indie-Soul-Duo kürzlich als beste Indie-Band die du noch nicht kennst bezeichnet. Das beachtliche Debüt „Temporary Resident“ aus dem Jahr 2011 bescherte Multiinstrumentalist Rusty Matyas und Sängerin Marti Sarbit eine Nominierung für den kanadischen Polaris Music Prize. Zum Drüberstreuen wollten die „Pixies“ das Duo als Opener für einige Konzerte ihrer Reuniontour in Kanada. „Imaginary Cities“ einzigem Österreichkonzert vor einem Jahr wohnten im Wiener B72 rund 80 Menschen bei. Es war ein schönes Konzert, und man konnte damit rechnen, dass das nächste Mal mehr Leute auftauchen würden.
Das Nachfolgeralbum „Fall of Romance“ lässt diesbezüglich aber ein wenig Skepsis aufkommen. Die zwölf Songs sind ambitioniert arrangiert mit einer Unmenge an Instrumenten und Gebrauchsgegenständen, Sarbits Stimme ist nach wie vor eine Offenbarung. Dass diese nicht immer sitzt, ist Teil des Charmes. Doch leider weiß die Platte trotz der Ambitionen im Gegensatz zum Debüt nicht ganz, wohin sie möchte. Balladenähnliche Stücke wie „All the Time“ werden etwas hastig von treibenden Liedern wie „Bells of Cologne“ oder „Chasing The Sunset“ abgelöst. Und dann geht es wieder retour. Das funktioniert häufig - wie bei „Water Under The Bridge“ sogar bezaubernd schön - jeweils als Einzelstück. Verteilt über knapp 40 Minuten fehlt jedoch der rote Faden. (6.6/10) S. W.

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