Prinzhorn-Stiftung und die Meinl-Causa

Prinzhorn-Stiftung und die Meinl-Causa: Hat Stiftung mit MEL-Zertifikaten spekuliert?

Hat Stiftung mit MEL- Zertifikaten spekuliert?

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Von Michael Nikbakhsh

Freunde im engeren Sinn des Wortes waren die beiden Herren wohl nie, genau genommen lagen stets Welten zwischen ihnen. Da der Bankier mit britischem Pass und jüdischen Wurzeln, dort der österreichische Papierindustrielle und frühere FPÖ-Nationalratspräsident, der etwa den Wahlkampf 1999 mit ausländerfeindlichen Reflexionen geprägt hatte.

Und doch verbindet Julius Meinl und Thomas Prinzhorn mehr, als die Konstellation auf den ersten Blick vermuten ließe: Meinl saß sechs Jahre im Vorstand der Thomas Prinzhorn Privatstiftung, ehe er sein Mandat im März 2008 zurücklegte. Prinzhorns Privatstiftung wiederum soll über mehrere Jahre einer der größeren Financiers der börsennotierten Immobiliengesellschaft Meinl European Land (heute Atrium Real Estate) gewesen sein. Im Unterschied zu den meisten MEL-Geschädigten dürfte die Stiftung aber mit einem blassblauen Auge aus der Affäre um verheimlichte Wertpapierrückkäufe gekommen sein.

Nach profil-Recherchen soll die Thomas Prinzhorn Privatstiftung ihre nahezu entwerteten MEL/Atrium-Bestände vor wenigen Wochen zu vergleichsweise fantastischen ­Konditionen abgetreten haben. Wie und an wen, ist unklar. Prinzhorn ließ zwei profil-Anfragen, telefonisch und schriftlich, vergangene Woche wohlweislich unbeantwortet. Mehr als ein knappes „Herr Prinzhorn möchte sich zu dem Sachverhalt nicht äußern“ war seiner Assistentin nicht zu entlocken. Dementis klingen anders.

Der kolportierte Deal dürfte jedenfalls nicht Teil des Vergleichs sein, den die Kanzlei des Wiener Rechtsanwalts und FPÖ-Justizministers a. D., Dieter Böhmdorfer, jüngst erwirken konnte. Dieser hatte bereits im Herbst des Vorjahrs im Namen von etwa zwei Dutzend Klienten Schadenersatzklagen gegen Julius Meinl und die Meinl Bank angestrengt. Diese sind mittlerweile allesamt vom Tisch. „Ich kann lediglich bestätigen, dass die Angelegenheit außergerichtlich erledigt wurde“, so Böhmdorfer. Wen genau er vertreten, mehr noch, wer die Papiere tatsächlich übernommen hat, will auch der Advokat mit Hinweis auf Vertraulichkeitsvereinbarungen weiterhin nicht offenbaren: „Ich habe weder Herrn Prinzhorn noch die Prinzhorn-Privatstiftung vertreten.“

Dem Vernehmen nach sollen Böhmdorfers Mandanten immerhin 80 Prozent ihres ursprünglichen Einsatzes zurückerhalten haben. Das dürfte so auch für Prinzhorn gelten. Der Verdacht liegt nahe, dass in allen Fällen die Meinl Bank respektive ihr nahestehende Gesellschaften oder Personen die Papiere aufgegriffen haben, wiewohl sich das aufgrund der Geheimniskrämerei vorläufig nicht verifizieren lässt. Jede andere Interpretation machte jedenfalls keinen Sinn.

Die Privatbank hat all das bisher nicht kommentiert. Die Optik ist, wie so oft, nicht die allerbeste. Prinzhorn, Erbe des Papierkonzerns W. Hamburger, reiht sich mit einem geschätzten Vermögen von einer Milliarde Euro zwanglos unter die Betuchteren im Lande. Wie viel Geld die Privatstiftung auch immer bei MEL investiert haben mag – die späteren Verluste können keineswegs existenzbedrohend gewesen sein. Ganz im Gegensatz zu tausenden Kleinanlegern, die hart Erspartes in vermeintlich mündelsichere MEL-Zertifikate gesteckt haben und jetzt vor den Trümmern ihrer Altersvorsorge stehen und sich keinen Anwalt vom Kaliber eines Dieter Böhmdorfer leisten können. Ob und wann die Kleinanleger entschädigt werden, steht in den Sternen. Sie werden wohl oder übel auf den Ausgang des durchaus nicht unwahrscheinlichen Strafverfahrens gegen Meinl und andere mutmaßlich involvierte Personen unter anderem wegen mutmaßlicher Untreue und Betrugs warten müssen. Bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung gilt ausnahmslos die Unschuldsvermutung.

Die Seilschaft. Zugegeben: Julius Meinl könnte ein dringendes persönliches Bedürfnis gehabt haben, die Causa Prinzhorn möglichst rasch aus der Welt zu schaffen. Schließlich dürfte das MEL-Engagement der Thomas Prinzhorn Privatstiftung in seine Zeit als Stiftungsvorstand gefallen sein. Er war dort ab 2002 tätig, im November 2005 wurde er für die Dauer von fünf Jahren wiederbestellt. Im März 2008 jedoch legte Meinl seine Funktion vorzeitig und ohne Angabe von Gründen nieder. Er hatte es offenbar eilig. In einem vorliegenden ­Schreiben an den „Familienbeirat“ der Prinzhorns, datiert vom 13. März 2008, hielt der Bankier unmissverständlich fest: „Ich bitte um Nachsicht der an sich dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Quartals.“

Wenige Wochen zuvor war die hochnotpeinliche Prüfung der Meinl-Bank-Bücher durch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) abgeschlossen worden, im Juli wurde der vernichtende OeNB-Prüfbericht durch profil öffentlich (Ausgaben 28/09 und 29/09).

Meinl und Prinzhorn – das ist auch ein dunkles Kapitel österreichischer Zeitgeschichte. Wie profil im August des Vorjahrs enthüllte, hatte die damals von Meinls Urgroßvater Julius Meinl II. kontrollierte Meinl AG 1939 gemeinsam mit Fritz Hamburger – NS-Blutordensträger und Schwiegervater von Thomas Prinzhorns Großvater Ernst – die Austria Papierindustrie AG arisiert. Zu einem Zeitpunkt, da Meinls Großvater Julius Meinl III. mit seiner jüdischen Gattin ins britische Exil geflüchtet war. Im Gegenzug erhielt Fritz Hamburger einen lukrativen Konsulentenvertrag der Meinl AG (profil 32/08). Noch 1940 bemühte sich Julius Meinl II. – vergeblich – um Aufnahme in die NSDAP.

Der frühere Hauptaktionär der Austria Papierindustrie AG, Rudolf Kraus, Bruder des Schriftstellers Karl Kraus, wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Julius Meinl V. legt in diesem Zusammenhang übrigens Wert auf die Feststellung, seine Familie habe zu den „Verfolgten“ und nicht etwa zu den „Profiteuren“ des NS-Regimes gehört.