Blecha und der kasachische Spitzelfall

Quellen bestätigen Involvierung Blechas: SPÖ-Mann kündigt rechtliche Schritte an

SPÖ-Mann kündigt rechtliche Schritte an

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Von Ulla Schmid und
Martin Staudinger

Karl Blecha ist verstimmt: „Ich werde mit allen rechtlichen Mitteln gegen diese Verleumdungen vorgehen. Ich lasse mich nicht denunzieren“, kündigt der ehemalige Innenminister an. Vergangene Woche hatte profil berichtet, dass der Vorsitzende des sozialdemokratischen Pensionistenverbands mutmaßlich in eine Spitzelaffäre um österreichische Polizisten und kasachische Agenten verwickelt sei.

Mitte Februar waren zwei niederösterreichische Beamte aufgeflogen, die im Polizeicomputer den kasachischen Ex-Diplomaten Rakhat Aliyev (siehe Kasten) und einige seiner Vertrauten ausgekundschaftet haben sollen. Hintergrund: Der Geheimdienst Kasachstans soll Geld für Informationen über den Aufenthaltsort Aliyevs geboten haben – um ihn entführen und in seine Heimat bringen zu können. Ein pensionierter Beamter des Abwehramtes, der Spionageabteilung des Heeres, soll Mittelsmann zwischen den Beamten und Blecha gewesen sein.

Der profil-Bericht wird entgegen diversen Dementis nun aus verlässlicher Quelle bestätigt. Die Geschichte hatte im Sommer des Vorjahrs ihren Anfang genommen. Nachdem Kasachstan erfolglos versucht hatte, des Abtrünnigen und seines Vermögens auf legalem Weg habhaft zu werden, kamen Kopfgeldjäger zum Einsatz. Schließlich fühlte sich Aliyev so bedroht, dass der ehemalige Botschafter im Innenministerium um Personenschutz ansuchte.

Nach Informationen von profil waren im August 2008 mindestens vier Geheimdienst-Teams hinter ihm und drei seiner Gefolgsleute her. Ende August hätten die Häscher in Wien-Donaustadt beinahe Vadim K. geschnappt. Der Aliyev-Leibwächter entging mitsamt seiner Familie nur knapp einer Entführung. Am Morgen des 22. September versuchten Geheimdienstler vis-a-vis vom Landesgericht Wien Alnur M., den früheren Chef des berüchtigten kasachischen Geheimdienstes KNB, aus dem Auto zu zerren – auch er ist ein Freund von Aliyev. Der Kidnapping-Versuch scheiterte zwar, der Freundin von M. wurde jedoch die Nase gebrochen. Sowohl Alnur M. als auch Vadim K. wurden ihrerseits in Kasachstan verurteilt: als Komplizen Aliyevs bei der Entführung von zwei Bankmanagern.

Diplomatische Verstimmung. Am Tag nach dem Überfall, am 23. September, verfassten kasachische Diplomaten ein Schreiben an Erik Buxbaum, dem damaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, in dem sie sich bitterlich über die „Untätigkeit der Staatsanwaltschaft Wien“ im Fall von Aliyev und Konsorten beschwerten und ersuchten, „ehestmöglich … deren Verhaftung zu veranlassen“.

Gleichzeitig sorgten die Vorfälle für schwere diplomatische Verwicklungen. Just zu diesem Zeitpunkt stand ein lange geplanter Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer bei Kasachs­tans Staatschef Nursultan Na­sarbajew an. Aufgeschreckt durch die Übergriffe, forderte die Wiener Hofburg auf diplomatischem Weg eine Erklärung für die Wild-Ost-Szenen. Dies führte wieder­um dazu, dass die Kasachen das Protokoll für Fischer auf „low level“ zusammenstrichen – wor­auf Fischer die Reise unter dem Vorwand absagte, er könne Österreich in der heißen Phase der eben angelaufenen Regierungsbildung nicht verlassen.

Alles Gründe für das Innenministerium, die Causa genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Recherchen wurden intensiviert. Es tauchten Indizien dafür auf, dass aus dem österreichischen Behördenapparat Informationen über Aliyev Richtung Kasachstan weitergespielt wurden. Hunderte von Abfragen sollen getätigt worden sein, die nun analysiert werden.

Mehr noch: Die Informationen, so der Verdacht der Behörden, dürften gut bezahlt worden sein. profil-Recherchen zufolge sollen in Summe nicht nur rund 1,2 Millionen Euro für Hinweise auf Aliyevs Aufenthaltsort geflossen sein; es habe auch Angebote für Beteiligungen an lukrativen Geschäften gegeben. „Da ist so unfassbar viel Geld im Spiel, das kann man sich nicht vorstellen“, sagt ein Ermittler.

Daraufhin genehmigte die Justiz eine Reihe von Telefonüberwachungen und Hausdurchsuchungen – Informationen zufolge auch bei Karl Blecha. Dieser reagiert auf Nachfrage schwer verstimmt: „Es gibt keine Ermittlungen gegen mich, es gab keine Hausdurchsuchungen und keine Telefonüberwachungen“, verteidigt er sich gegenüber profil. „Ich kenne diese Leute nicht, die da einsitzen. Ich kenne auch den Pensionisten aus dem Abwehramt nicht. Ich habe nie Kontakte zu Kasachen gehabt, und ich weiß auch nichts von Geld, das geflossen sein soll.“

Nur eines räumte Blecha ein: den Fall Aliyev an höchster Stelle angesprochen zu haben – etwa gegenüber der damaligen Justizministerin Maria Berger. Auch bei Erik Buxbaum wurde er in der Causa vorstellig. Dem „Falter“ gegenüber erklärte Buxbaum vergangene Woche, Blecha habe ihm Beweise gegen Aliyev angeboten.