Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Fragen Sie Frau Erna!

Fragen Sie Frau Erna!

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Sehr geehrte Frau Erna!
Wie Sie möglicherweise den Medien entnommen haben, wurde ich von Frau Bundesministerin Claudia Schmied mit der Abfassung zweier bedeutender Studien betraut. „Strategische Ansätze zur Weiterent­wicklung der österreichischen Bundesmuseen unter besonderer Berücksichtigung der Forschung als Fundament der Sammlungs- und Vermittlungsarbeit im Internationalen Kontext“ zum einen, ergänzt von der nicht minder unabdingbaren Arbeit „Vergleich nationaler und internationaler Kulturvermittlungsarbeit an renommierten Kultur­institutionen“. Nun verhält es sich aber leider so, dass ich dafür ein Honorar von lediglich 100.000 Euro erhalte, was angesichts meiner Verdienste sicherlich auch Ihnen lächerlich vorkommen wird. Außerdem bin ich, als ich noch Direktor des Kunsthistorischen Museums war, schon mit jährlich 260.000 Euro kaum ausgekommen. Daher meine Bitte: Könnten Sie mir eine Studie vermitteln, die dieses persönliche Budgetloch abdeckt? Unnötig zu erwähnen, dass es bei diesem Preis natürlich keine besonders dicke sein kann.
Hochachtungsvoll
Wilfried Seipel

Sehr geehrter Herr Seipel!
Selbstverständlich kann Ihnen geholfen werden. Ich würde zum einen folgendes Werk vorschlagen: „Der Dreizack der Saliera aus dem Blickwinkel des internationalen Selbstdarstellungsbetriebs und unter besonderer Berücksichtigung seiner österreichischen Ausprägung“. Sollte sich dieses Projekt als zu ambitioniert erweisen, rate ich zu: „Deine Uschebtis sind meine Uschebtis, und meine Uschebtis gehen dich nichts an.“ Sollte das Ministerium einer Finanzierung irritierenderweise nicht nähertreten, empfehle ich als Ausweichmöglichkeit die „Liesl-Gehrer-Stiftung für unverschuldet in Not geratene Ägyptologen, die einmal auf der richtigen Seite standen“.
Viel Glück!
Ihre Frau Erna

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Dear Erna!
Ich wollte Ihre viel gelesene Kolumne dazu nützen, um der Lügenpropaganda der westlichen Regime, die noch immer nicht einsehen wollen, dass die Zeit des Kolonialismus vorbei ist, entgegenzutreten: In meinem so umsichtig von mir gelenkten Land gibt es weder Hunger noch Hyperinflation und schon gar keine Cholera. Und falls es das alles gegeben haben sollte, erkläre ich es hiermit für beendet. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie und Ihre moralisch verrotteten, ausbeuterischen Leser das endlich zur Kenntnis nähmen!
Verärgert
Robert Mugabe,
geliebter Führer Simbabwes

Geliebter Führer!
Geht in Ordnung. Aber, wenn wir schon dabei sind: Sollten wir nicht auch endlich mit dem noch immer hartnäckig verbreiteten Märchen aufräumen, dass die Erde keine Scheibe ist?
In tiefer Verehrung
Frau Erna

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Liebe Frau Erna!
Der Nationalrat hat meine Immunität aufgehoben. Abgesehen davon, dass es ein schlechter Witz ist, wenn ich als Abgeordnete nicht mehr Rechte habe als eine Kopftuchträgerin mit Damenbart, der man irgendwann einmal die Staatsbürgerschaft nachgeschmissen hat, will mir auch nicht in den Kopf, was ich so Schlimmes über den ­Islam gesagt haben soll. Nur weil die kameltreibenden Analphabeten gleich bei jeder Gelegenheit explodieren, darf ich nicht mehr sagen, was ich mir denke? Ist doch eh nicht viel! Jetzt suche ich jedenfalls nach einer geeigneten Form für eine Protestaktion. Was halten Sie von einem Hungerstreik? Oder soll ich mich an ein Minarett anketten? Oder wie fänden Sie ein Schweigegelübde bis zu meinem unabdingbaren Freispruch?
Erbost
Susanne Winter

Sehr geehrte Frau Winter!
Ich würde zu einem schweigenden Hungerstreik bis zu ihrem unabdingbaren Freispruch raten. Bis dahin kann es natürlich ein paar Monate dauern – aber das wird Ihren Protest nur noch eindrucksvoller machen. Und nachdem sich das Minarett, an das Sie dabei angekettet sein werden, mangels geeigneter Minarette hierzulande ganz weit weg befinden wird, hat ja wirklich ganz Österreich was davon.
Mit freundlichen Grüßen
Frau Erna

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Dear Ms. Erna!
Wie Sie vielleicht schon gehört haben, hat mein Parteifreund Rod Blagojevich, Gouverneur meines Heimatstaates Illinois, versucht, den aufgrund meines Wahlsiegs frei werdenden Senatssitz an jenen zu verschachern, der ihm dafür das höchste Bestechungsgeld bietet. Ich bin deeply entsetzt! Vor allem, weil sich noch niemand gemeldet hat. Wären Sie vielleicht an diesem schönen Posten in Washington ­interessiert?
Barack Obama
President-elect

Dear Mr. Obama!
Eventuell schon. Nur die Finanzierung müsste ich noch klären … Kann ich in General-Motors-Aktien zahlen?
Voller Hope
Ihre Frau Erna

[email protected]