Richtige Männer

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Groß und berühmt ist er geworden in Amerika. Aber seine alte Heimat vergisst er nicht. So schwärmt die „Kronen Zeitung“ über den Auftritt Arnold Schwarzeneggers auf dem republikanischen Parteitag in New York. Er, der sich als Amerikaner bekenne, „erklärte auch Österreich die Treue“, schreibt das Kleinformat: „Ich liebe Österreich und die Österreicher“, habe der kalifornische Gouverneur gerufen, „und er erzählte von seiner bitteren Kindheit, als Teile der Heimat unter russischer Besatzung standen“. Von dem, was Arnie noch gesagt hat, blieb der patriotische „Krone“-Leser verschont: „Als Kind erlebte ich das sozialistische Land, das Österreich nach dem Abzug der Sowjets wurde.“ Und da beschloss er, nein, noch nicht Politiker zu werden, aber dem österreichischen Sozialismus in Richtung der amerikanischen Freiheit zu entfliehen. 1968 war es so weit.
Wurde damals Österreich nicht gerade vom Generalsekretär des Politbüros namens Josef Klaus geknechtet? 1968 gab es eine ÖVP-Alleinregierung. Waren auch die Klaus vorangegangenen ÖVP-Kanzler, Alfons Gorbach, Leopold Figl und Julius Raab, allesamt Bolschewiken? Ach Arnie!

Gewiss gab es damals Gründe, nach Amerika auszuwandern. Nicht zuletzt herrschte in Österreich eine sehr bedrückende, vieles erstickende christliche Gegenaufklärung – für die lange Zeit paradigmatisch der VP-Unterrichtsminister Heinrich Drimmel stand. Da wehte damals tatsächlich ein Ungeist in der österreichischen Landschaft – der jetzt aber in den USA des christlichen Fundi George Bush, den Schwarzenegger so kraftvoll und begeistert unterstützt, fröhliche Urständ feiert.
Nicht nur die „Krone“ verschwieg die böse Geschichtslüge über Österreich, die Schwarzenegger vor Millionen und Abermillionen Fernsehzuschauern auf der ganzen Welt verbreitete, auch alle anderen, die sonst bei Kritik an Österreich sofort aufschreien und, wenn’s von einem Landsmann kommt, schnell mit dem Wort des Vaterlandsverräters bei der Hand sind, ließen zunächst Arnies Erzählung unwidersprochen.
Dabei hätte die ÖVP allen Grund, sich aufzuregen: Hat doch Schwarzenegger mit seinen Auslassungen indirekt die großen historischen Politiker der Volkspartei verunglimpft und Figl mit seinem „Österreich ist frei“ der Lüge geziehen. Erst nachdem die SPÖ auf Schwarzeneggers Österreich-Vernaderung aufmerksam machte, bequemte sich Innenminister Ernst Strasser Tage später – auf Besuch in New York – in Richtung des Ex-Österreichers leise das Kreisky-Bonmot „Lernen Sie Geschichte“ zu murmeln.
Unser Arnie ist ein mächtiger Mann, mit dem man sich offenbar nicht gern anlegt. Mächtig, in der Tat. Nach der Redepassage über das sozialistische Österreich gab der Kalifornier – inzwischen der populärste Republikaner der USA – die Stoßrichtung der Wahlkampagne von George W. Bush vor: „Er ist ein Führer, der nicht schwankt. Er weiß, dass man mit Terroristen nicht argumentiert, sondern sie besiegt“, rief der Terminator und Feind aller Girlie Men und Weicheier. Bush sei der starke Mann, der die Welt und Amerika sicherer gemacht habe. Die Convention jubelte. Und das Publikum scheint’s zu glauben: Die Umfragewerte für Bush zeigen wieder nach oben.

Dabei ist doch so offensichtlich, dass Bush mit seiner Politik gegen den Terror so ziemlich alles falsch gemacht hat, was nur möglich ist. Positiv zu bewerten ist bloß der Sieg über die afghanischen Taliban. Auch die Verhaftungen von einigen engen Mitarbeitern Bin Ladens kann sich Washington zugute halten – der Al-Qa’ida-Chef selbst wurde allerdings noch immer nicht erwischt. Und der Rest von Bushs Strategie entpuppte sich überhaupt als einziges Fiasko.
Der Irak-Krieg, der als Teil des Kriegs gegen den Terror geführt wurde, hat erst so recht Terrorismus produziert. Das Chaos, das der lügnerisch begründete und miserabel geplante Waffengang am Golf gebracht hat, ist ein idealer Nährboden für die Terrorismen der verschiedensten Schattierungen.
Der Manichäismus der Bush-Außenpolitik und die Dämonisierung des Feindes hat die Kriegssitten zudem verwildern lassen. Die schockierenden Folterungen von irakischen und afghanischen Gefangenen durch amerikanische Soldaten haben nachgewiesenermaßen System. Und diskreditieren in spektakulärer Weise den US-Anspruch, Freiheit und Demokratie in die Welt zu bringen. Antiamerikanischer Radikalismus wird so befördert. Wüster Islamismus blüht auf.
Schließlich dient Bushs globaler „Krieg gegen den Terror“ der israelischen Rechtsregierung von Ariel Sharon als Vorwand für ihre völkerrechtswidrige Politik gegenüber den Palästinensern. Dafür hat ihm die Regierung Bush grünes Licht gegeben. Mit dem Erfolg, dass sich der Nahe Osten weiter radikalisiert. Auch Putin segelt mit seiner verheerenden Tschetschenien-Politik im Windschatten des Anti-Terror-Kriegs von Bush.
Die Welt ist unter der Führung von George W. Bush sicherer geworden? Allein ein Blick auf die Ereignisse der vergangenen Woche im Irak, in Südrussland und in Israel widerlegt diese Behauptung.
Dass Bush ein erfolgreicher Krieger gegen den Terror ist, dürfte ähnlich wahr sein wie Schwarzeneggers Bericht über das sozialistische Österreich seiner Jugend.