Schattendepot aufgetaucht

Salzburger Finanzskandal: Schattendepot aufgetaucht

Salzburg. Spekulationsgeschäfte wurden in weitaus größerem Ausmaß betrieben als bislang bekannt

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Am Mittwoch soll das Geheimnis endlich gelüftet werden. Noch-Finanzlandesrat David Brenner will, so hat er es zumindest angekündigt, alle Zahlen zum Salzburger Finanzskandal auf den Tisch legen. Seit Wochen wird wild gerechnet: Wie hoch ist der Verlust aus den von Referatsleiterin Monika R. betriebenen Spekulationsgeschäften tatsächlich? Gibt es überhaupt einen? Oder wurde möglicherweise sogar ein Gewinn lukriert? Glaubt man den Meldungen der vergangenen Tage, scheint ein großes Happy End bevorzustehen. In Wahrheit dürfte die Öffentlichkeit aber wohl einer Inszenierung der Salzburger Finanzspiele beiwohnen.

6,9 Milliarden Euro
profil wurde am Wochenende das so genannte Schattendepot zugespielt, welches Monika R. außerhalb des offiziellen Portfolios geführt haben soll.
Auf 58 A4-Seiten sind die 245 Geschäfte mit 26 österreichischen und internationalen Banken fein säuberlich aufgelistet. Jedes einzelne Geschäft ist mit Referenznummer, Abschlussdatum, Nominale und Laufzeiten angeführt und teils mit Anmerkungen versehen. Aus den Unterlagen wird deutlich, dass die Finanzabteilung des Landes in den vergangenen Jahren ein noch weitaus größeres Rad gedreht haben dürfte, als bislang bekannt. Demnach betrug das Volumen der von ihr betriebenen Spekulationsgeschäfte im Jahr 2012 in Summe 6,9 Milliarden Euro. Das ist mehr als das Doppelte der zuletzt kolportierten Zahlen (offizielles Portfolio: 1,8 Milliarden Euro, Schattenportfolio: 1,2 Milliarden Euro). Einige der Geschäfte stammen aus „der schlimmsten Derivatgiftküche, die mir in meiner 15-jährigen Laufbahn untergekommen sind“, sagt Sascha Stadnikow, gerichtlich beeideter Sachverständiger für derivative Finanzprodukte. Von profil um eine Analyse des Portfolios gebeten, gelang es Stadnikow innerhalb von zwei Tagen 156 der 245 der Geschäfte auszuwerten.

Mit folgenden Ergebnissen:

Die Geschäfte gliedern sich in Zinsabsicherungen in Form von „Zins Swaps“ und „Multi Callable Swaps“ mit einem Volumen von 888 Millionen Euro, in Zinsoptimierungen in Form von „Range Accrual Swaps“ und anderen Wetten auf die Zinsentwicklung mit einem Volumen von 4,68 Milliarden Euro, sowie in Währungsspekulationen beziehungsweise Wetten auf Indizes, Inflation und sonstige exotische Geschäfte mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro.

Alleine die Geschäfte zur Zinsabsicherung weisen mit Stichtag 16. Oktober 2012 einen negativen Marktwert von 123 Millionen Euro auf. Sollten die Geschäfte zu diesem Zeitpunkt – wie von Brenner angewiesen – aufgelöst worden sein, wäre der Verlust damit realisiert. Bestehen die Geschäfte jedoch nach wie vor, liegt der voraussichtlich negative Cash Flow 2013 bei knapp 19 Millionen Euro pro Jahr. Hochgerechnet auf die Restlaufzeit bedeutet dies eine Gesamtbelastung von rund 220 Millionen Euro.
Noch beunruhigender ist die Betrachtung der Währungswetten. Sie haben ein Volumen von 832 Millionen Euro. Ihr Ausfallrisiko, ebenfalls auf die Restlaufzeit gerechnet, beläuft sich auf 326 Millionen Euro.

Indes meint die Führungsriege des Landes mit einem „blauen Auge“ davon gekommen zu sein. Mehr noch, man hofft sogar – wie zuletzt verlautbart – auf Gewinne in Höhe von 150 Millionen Euro. Es steht zu vermuten, dass in dieser Ergebnisbetrachtung die so genannten Reserveswaps mit einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro eingerechnet sind. Deren Marktwert beläuft sich auf aktuell 327 Millionen Euro. Doch woher die Gelder dafür stammen, ist völlig unklar. Sie dürfen nur dann mit den Spekulationsgeschäften gegengerechnet werden, wenn sie aus in der Vergangenheit erzielten Gewinnen angesammelt wurden.

Christina Hiptmayr folgen // !function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0];if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src="//platform.twitter.com/widgets.js";fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document,"script","twitter-wjs"); //

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Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).