War es das wert?

Uli Hoeneß und seine Kollegen: War es das wert?

Titelgeschichte. Warum reiche Leute alles riskieren, um Steuern zu sparen

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Schlechte Zeiten? Gab es nicht für Uli Hoeneß. Jedenfalls nicht so schlechte, dass die Öffentlichkeit etwas davon mitbekommen hätte. Dem heute 61-jährigen Präsidenten des Fußballvereins FC Bayern München gelang das Leben ganz nach Wunsch: Er war ein viel gelobter, hoch bezahlter Kicker. Er wurde mit 27 Jahren der jüngste Vereinsmanager der deutschen Bundesliga – und der erfolgreichste. Er baute nebenbei ein florierendes Unternehmen auf. Er ist seit vierzig Jahren friedlich verheiratet und hat zwei, wie es den Anschein hat, wohlgeratene Kinder. Er überstand sogar einen Flugzeugabsturz nahezu unverletzt, als einziger Überlebender.
Das Glück hat Uli Hoeneß nicht einfach nur verfolgt, es hat ihn gestalkt. Was immer der bullige Mann in die Hand nahm, wurde ein Erfolg. Was immer er sich wünschte, ging in Erfüllung. Hoeneß ist nicht naiv; vielleicht war ihm das schiere Ausmaß seiner Fortüne gelegentlich selber unheimlich. Am Dienstag vergangener Woche saß er auf der VIP-Tribüne der Münchner Allianz Arena und sah, wie seine Mannschaft den vermeintlich unbesiegbaren FC Barcelona mit 4:0 vom Platz fegte. Der Weg ins Finale der Champions-League ist damit so gut wie frei.

Doch da wussten schon alle, dass die Glückssträhne des Präsidenten gerissen ist.

Ein paar Tage vor diesem Match war bekannt geworden, dass Hoeneß ein Steuerverfahren am Hals hat, das ihn hinter Gittern bringen kann. Nach einer Selbstanzeige beim Finanzamt war er verhaftet und nur gegen eine Kaution in der Höhe von fünf Millionen Euro wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Unschuldsvermutung gilt in diesem Fall nicht. Hoeneß hat ja bereits zugegeben, dass er einige Millionen Euro nicht deklariert auf einem Schweizer Konto gebunkert hat. Deutschland wirkt seither wie traumatisiert. Hoeneß galt nicht nur als genialer Fußballmanager, er war auch zu einer moralischen Instanz stilisiert worden. Sein Wort hatte Gewicht. Wenn er etwas sagte, hörte sogar die Kanzlerin zu. Jetzt ließ Angela Merkel über ihren Sprecher ausrichten, dass sie „enttäuscht“ sei. Eine Hoeneß-Geschichte in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist mit nur einem Wort übertitelt: „Warum?“

Das fragt sich auch der Durchschnittsverdiener und -steuerzahler jedes Mal, wenn wieder ein prominentes Mitglied der Gesellschaft als Steuerhinterzieher enttarnt wird. Die Damen und Herren sind in aller Regel wohlhabend und haben einen guten Ruf zu verlieren. Warum gehen sie solch ein Risiko ein? Warum haben sie kein Unrechtsbewusstsein? Warum pokert jemand um ein paar Steuer-Euro, wenn er ohnehin mehr Geld hat, als er in diesem Leben ausgeben kann?

Lesen Sie die Titelgeschichte von Rosemarie Schwaiger in der aktuellen Printausgabe oder in der profil-iPad-App.

Rosemarie Schwaiger