Lebenskünstler

Team Stronach. Die Berater des Milliardärs blicken auf schillernde Karrieren zurück

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Lange war er weg, der Chef. Am 5. März, zwei Tage nach den Landtagswahlen in Kärnten und Niederösterreich, hatte Frank Stronach ein Flugzeug in Richtung Toronto bestiegen. Nach gut einem Monat ist er jetzt wieder da. Am Dienstag dieser Woche wird er im Wiener Palais Ferstel das endlich fertiggestellte Programm seiner Partei präsentieren. Zwei Tage später möchte er dann in Zell am See den Wahlkampfauftakt für die Salzburger Landtagswahl zelebrieren. Eine Führungspersönlichkeit lässt sich eben nur blicken, wenn es wirklich wichtig ist. Diese Gewohnheit hat Stronach aus seinem früheren Leben als Konzernchef beibehalten. Außerdem muss er aus steuerlichen Gründen mindestens die Hälfte des Jahres in Kanada verbringen.

„Ich mache das aus reinem Idealismus“
Zum Glück hat der Mann einen stetig größer werdenden Kreis von Statthaltern, hochrangigen Mitarbeitern und Beratern in Österreich. Die Herrschaften müssen bereits achtgeben, dass sie einander nicht auf die Füße steigen. „Ich bin nur für die Medienarbeit zuständig, nicht für den Wahlkampf“, erklärt etwa Team-Stronach-Sprecher Walter Rettenmoser – der dieser Tage dennoch besonders häufig in Salzburg vorbeischaut, wo es für die Partei demnächst um den Einzug in den Landtag geht. Eigentlich für die Wahlkampagnen verantwortlich ist der Unternehmer Rudolf Fußi (Bild) mit seiner Agentur Mindworker. Ganz allein muss er diese Zuständigkeit allerdings nicht schultern: „Ich teile mir die Wahlkampfleitung mit Stefan Wehinger“, sagt Fußi. Wehinger wiederum trägt den Titel „General Manager“, arbeitet nach eigenen Angaben aber ehrenamtlich und nur an drei Tagen pro Woche: „Ich mache das aus reinem Idealismus.“ Dennoch wird die Halbzeitkraft in den Medien mitunter als Stronachs Stellvertreter bezeichnet – was so aber nicht ganz stimmt. Hochoffiziell wird Stronach von seiner langjährigen Mitarbeiterin Kathrin Nachbaur vertreten. Das glaubt zumindest Parteisprecher Rettenmoser. „Kathrin Nachbaur ist die Generalbevollmächtigte. Man bekommt von ihr klare Entscheidungen, die auch halten.“

Es ist nun einmal kompliziert, aus dem Nichts eine Partei zu gründen. Ein bisschen Chaos gehört dazu. In Tirol mündet das Durcheinander nun sogar in einen Boykott der Landtagswahl durch das Team Stronach (siehe Kasten am Ende). Tirol ist zwar ein Sonderfall, doch heftige Reibereien gibt es in der jungen Partei immer wieder. Die Arbeit sei oft nicht einfach, sagt Stefan Wehinger. „Es menschelt sehr, und gelegentlich gibt es überzogene Reaktionen.“ Schuld daran ist wohl auch die Tatsache, dass Frank Stronach bei seiner Personalauswahl einen Hang zu illustren Biografien erkennen lässt. Ganz normale Lebensläufe sucht man in seinem Umfeld vergeblich. Stronach mag es verzwickt, und es stört ihn nicht, wenn seine Leute in der Vergangenheit eine gewisse ideologische Flatterhaftigkeit an den Tag legten.

Im Parlamentsklub des Milliardärs sitzen bekanntlich Abtrünnige des BZÖ, die vorher für die FPÖ gedient hatten und sich praktisch über Nacht für Frank Stronachs Werte erwärmten. Doch die Klubmitglieder sind blutige Anfänger im Vergleich zu Wahlkampfmanager Rudolf Fußi. Der 34-Jährige hatte sich zuvor für nicht weniger als vier Parteien engagiert. Er begann bei der Jungen ÖVP, wechselte mit 19 Jahren zu Richard Lugners „Die Unabhängigen“, war danach Chef der Kleinpartei „Die Demokraten“, landete anschließend bei der SPÖ und nun eben bei Stronach. Vor etwas mehr als zehn Jahren blieb auch noch Zeit, um ein Anti-Abfangjäger-Volksbegehren zu organisieren. Bislang gescheitert ist der Versuch, ein Volksbegehren für mehr Steuergerechtigkeit zu initiieren.

Seinen politischen Orientierungslauf kann der Vielbeschäftigte erklären: „Ich habe nie verstanden, warum in einer Partei alle derselben Meinung sein müssen.“ Den Einwand, dass Frank Stronachs Vorstellung von Pluralismus („Sie wollen streiten mit mir?“) wohl auch kein Garant für eine gedeihliche Zusammenarbeit sei, lässt Fußi nicht gelten. Anders als bei seinen bisherigen Versuchen handle es sich diesmal um eine reine Geschäftsbeziehung. „Team Stronach ist ein besonders spannender Kunde. Ich kann absolut ausschließen, dass ich dort ein politisches Mandat annehmen werde.“ Gegen diese Darstellung spricht allerdings ein E-Mail, das kürzlich von der Tageszeitung „Kurier“ veröffentlicht wurde. „Das Team Stronach ist kein Revival der Haider-FPÖ, das schminkts Euch bitte einfach ab“, schrieb Fußi an eine Funktionärin. „Das wird nicht unser Weg sein.“ Es gibt wohl nicht viele Werbeagenturen, die ihre Kompetenzen so großzügig auslegen.

„Frank wollte jemanden, der ihm die Wahrheit sagt“
Parteisprecher Walter Rettenmoser entdeckte seine Leidenschaft für den Politikbetrieb ebenfalls nicht erst vor Kurzem. Der heute 52-Jährige begann seine Karriere als Sprecher des damaligen ÖVP-Verteidigungsministers Robert Lichal, kandidierte später für die Wiener SPÖ auf der Bezirksliste von Margareten und werkte zuletzt als selbstständiger PR-Berater. Seine Fixanstellung beim Team Stronach hält Rettenmoser für ein langfristiges Engagement. Die junge Partei habe sich ja schon bewährt: „Wir sind in Niederösterreich erfolgreich gegen die bestgeölte Wahlkampfmaschinerie Mitteleuropas angetreten, und ich bin auch guten Mutes für Salzburg und für die Nationalratswahl.“

Es ist zweifellos beachtlich, welchen Parteiapparat Frank Stronach innerhalb weniger Monate aufgestellt hat. Ganz billig war das Abenteuer allerdings nicht. Seit 2. November meldete Stronach dem Rechnungshof bereits acht offizielle Parteispenden. In Summe hat er bis dato mehr als neun Millionen Euro investiert.

Umso erstaunlicher, dass es in seinem Umfeld Menschen gibt, die gratis arbeiten – und das nach eigenen Angaben auch noch freiwillig. General Manager Stefan Wehinger, seit ein paar Wochen an Bord, sah jedenfalls bisher keinen Grund, für seine Dienste Geld zu verlangen. „Frank wollte jemanden, der ihm die Wahrheit sagt“, erläutert Wehinger. Und das würde er, Wehinger, vielleicht nicht mehr tun, wenn er auf der Payroll stünde.
Der 47-jährige Vorarlberger ist der Einzige, der ohne vorherige politische Odyssee zu Stronach stieß – sieht man einmal davon ab, dass der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach ihn 2004 in den Vorstand der ÖBB gehievt hatte. Im April 2008 wurde er vorzeitig außer Dienst gestellt, tauchte aber bald darauf wieder im Eisenbahngeschäft auf. Wehinger gründete gemeinsam mit Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner den ÖBB-Konkurrenten Westbahn und genoss seine Rolle als Kämpfer gegen die Bundesbahnen sehr. Ein halbes Jahr nach dem Start der neuen Zugverbindung zwischen Wien und Salzburg verkündete Wehinger seinen Abgang. Zwischen ihm und den anderen Gesellschaftern war es zu Differenzen gekommen. Die Kollegen seien der Ansicht gewesen, dass sich Schwierigkeiten mit den ÖBB am besten auf dem Verhandlungsweg lösen ließen, erzählt Wehinger: „Ich hätte weiter die Konfrontation gesucht.“

Das neue berufliche Umfeld ist aber offenbar auch recht interessant. Auf Anfrage will Wehinger nicht völlig ausschließen, dass er irgendwann vom Funktionär zum politischen Mandatar werden könnte. Er strebe das zwar nicht an, aber im Fall der Fälle würde er darüber nachdenken. Das Amt müsse jedoch zu seinen Qualifikationen passen. „Frauensprecher werde ich sicher nicht.“

Ein klares Nein zu einer politischen Karriere kommt dagegen vom juristischen Beistand des Team Stronach. Michael Krüger, Rechtsanwalt in Wien, findet schon die Frage absurd. Er sei, wie jeder wisse, seit 2005 parteifrei, und dabei werde es auch bleiben. „Eine Rückkehr in die Politik schließe ich aus.“ 1994 war der Anwalt für die FPÖ in den Nationalrat eingezogen, sechs Jahre später wurde er Justizminister in der schwarz-blauen Regierung. Studenten der Politikwissenschaft werden seinen Namen vermutlich noch in 100 Jahren lernen müssen: Krüger war mit einer Amtszeit von nur 25 Tagen der am kürzesten dienende Minister aller Zeiten. Sein Rücktritt erfolgte offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Zuvor hatte er einen Jaguar als Dienstwagen gefordert und im profil mit Dieter Chmelar Jugendsünden ausgetauscht.

Michael Krüger weiß seither immerhin, wie brutal Politik sein kann, und wäre in der Lage, Frank Stronach bei Bedarf zu warnen. Doch ob Ratschläge beim Senior überhaupt fruchten, ist selbst innerhalb seiner Beraterrunde ungeklärt. „Frank hört mir zu“, kann Stefan Wehinger berichten: „Aber ob er sich etwas sagen lässt, weiß ich nicht.“

Infobox
Glück gehabt
Das Chaos in Tirol erspart Stronach die erste Niederlage.

Die Tiroler Wähler sind nicht zu beneiden. Wer das politische Geschehen nicht sehr penibel verfolgt, wird bei der Landtagswahl am 28. April Schwierigkeiten haben, sein Kreuzchen an der richtigen Stelle zu machen. Mit elf kandidierenden Parteien ist das kompliziert genug. Seit Ende vergangener Woche steht auch noch fest, dass es eine Liste „Team Stronach für Tirol“ geben wird, die mit Frank Stronach gar nichts zu tun hat. Spitzenkandidat Hans-Peter Mayr war mit der Anmeldung einfach schneller gewesen als die legitimen Stronach-Wahlwerber.

Die Empörung im Team Stronach war zwar groß. Aber möglicherweise muss die Partei der Tiroler Landeswahlbehörde sogar dankbar sein. In Tirol war nach Ansicht der meisten Experten für Stronachs Truppe nicht viel drin. Man erspart sich also nur eine Niederlage.

Besser sieht es in Salzburg aus, wo am 5. Mai gewählt wird. In Umfragen liegt das Team Stronach derzeit bei rund zehn Prozent. Doch falls SPÖ und ÖVP einen Totalschaden erleiden, ist vielleicht noch mehr möglich. Rudolf Fußi: „Salzburg könnte das bisher stärkste Ergebnis bringen.“

Foto: Michael Rausch-Schott für profil

Rosemarie Schwaiger