Schweben über dem Stau

Verkehrsplanung. In China bereits Realität: ein Bus, der auf Stelzen über verstopfte Straßen gleitet

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Von Alfred Bankhamer

Ganz andere Sorgen plagen indessen die Verkehrsplaner in den zahlreichen sich rasend schnell entwickelnden Städten wie beispielsweise in China. Der Bau von hochleistungsfähigen Verkehrsträgern wie U-Bahnen und Schnellbahnen benötigt viel Zeit und Geld und ist in dicht besiedelten Gebieten oft kaum mehr realisierbar. Im Kampf gegen den drohenden Verkehrsinfarkt auf den jetzt schon überfüllten Straßen haben sich die chinesischen Forscher etwas Besonderes einfallen lassen. Warum nicht einfach den Bus auf Stelzen stellen? Während sich im so genannten "3D-Bus“ oder "Straddling Bus“ (grätschen, überbrücken) im ersten Stock rund 1200 Passagiere aufhalten, fahren darunter Autos und Lastwagen durch. Der Bus kann somit 300 voll besetzte Autos oder herkömmliche Busse ersetzen, ohne Platz wegzunehmen. Er fungiert sozusagen als fahrender Tunnel, der gleich zwei Fahrbahnen überspannt und mit rund 40 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit auf stark befahrenen Straßen rollt. Im Vergleich zu U-Bahnen soll der Stelzen-Bus eine leistungsstarke und sehr kostengünstige Alternative sein. Noch dazu kann eine Route in kurzer Zeit errichtet werden. Die erforderlichen Baumaßnahmen für Stationen und Adaptierungsarbeiten an den Straßen benötigen rund ein Jahr. Betrieben wird der Super-Bus mit Strom, der durch Solarzellen am Dach sowie durch Stromversorgungsschienen in den Haltestellen geliefert wird.

Laut Youzhou Song, Präsident von Shenzhen Huashi Future Parking Equipment, der das Konzept entwickelt hat, sollen die Stauzeiten um 25 bis 30 Prozent reduziert werden. Die Idee zum Straddling Bus kam Song, während er selbst einen Stau beobachtete. Nachdem das Konzept im Mai 2010 auf der Beijing International High-Tech Expo vorgestellt wurde, startete im März 2011 der Bau der ersten Teststrecke im Pekinger Vorort Mentougou.

Der Riesenbus soll künftig im Autopilot-Betrieb fahren können. Eine Vielzahl von Sensoren sowie optische und akustische Signale sollen dann für einen sicheren Verkehr auch im "Erdgeschoߓ sorgen. Eine der noch offenen Fragen ist, wie die Autofahrer auf den fahrenden Tunnel reagieren werden. Die Aussicht, künftig über überfüllten Straßen zu schweben, hat aber sicherlich ihren Reiz.