Rainer Nikowitz

Warmer Schnee

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Wien (apa, afp, reuters, red.) – Der von recht extremer Sachlichkeit geprägte Wettstreit der beiden nur ausgesprochen schwer verzichtbaren Parteien FPÖ und BZÖ um die Stimmen aller täglich zumindest zwischen zwölf Uhr und mittags denkenden Wähler erreichte vergangene Woche einen neuen Höhepunkt.

Wie berichtet hatte das BZÖ in Person seines Generalsekretärs, Feng-Shui-Beraters und Haushälters Gerald Grosz den Reigen der Angriffe eröffnet, als er die laut FPÖ krankheitsbedingte parlamentarische Abwesenheit des gegnerischen Parteivorsitzenden Heinz-Christian Strache per Presseaussendung so interpretierte: „Wie zu hören ist, dürfte gestern Nacht in der Wiener Innenstadt dichtes Schneetreiben geherrscht haben, dabei dürfte sich Strache verkühlt haben.“

Später bestritt er, dass er mit dem Ausdruck „Schneetreiben“ Strache Kokainkonsum unterstellen wollte, und meinte, er nehme mit Erstaunen zur Kenntnis, dass angeblich honorige Mitglieder unserer Gesellschaft dieses vollkommen harmlose Wort sofort unisono als Drogen-Chiffre verstünden.

Die immer wieder einmal aufgetauchten Zweifel bezüglich Grosz’ intellektueller Kapazität sollten nunmehr also endlich verstummen. Spätestens jetzt herrscht in dieser Causa absolute Gewissheit.

Die FPÖ antwortete nicht gänzlich unerwartet mit mindestens ebenbürtiger Eleganz – griff doch niemand Geringerer in die Tastatur als General Harald „Im Anfang war das Wort – und jetzt kann ich schon zwei“ Vilimsky. Er schrieb:
„Der Polit-Wichtel Grosz produziert erneut jede Menge warme Luft. (…) Trotzdem wünschen wir Herrn Grosz alles Gute im Wettbewerb beim Buhlen um die Gunst des Kärntner Landeshauptmannes mit Herrn Petzner und den anderen jungen und feschen Männern in dessen Umfeld.“

Zartbesaitete vermeinten, in dieser Diktion Anspielungen auf eine bestimmte, im BZÖ häufiger anzutreffende sexuelle Orientierung zu entdecken. Die möglicherweise bei der für das BZÖ infrage kommenden, hochgradig liberalen und toleranten Wählerschicht nicht unbedingt goutiert werden könnte.

So weit die bisher bekannten Fakten. Wie es demnächst weitergehen wird, darf an dieser Stelle exklusiv verraten werden.

BZÖ-Chef-Platzhalter Peter Westenthaler wird mit einer in der für ihn typischen Offenheit abgefassten Presseerklärung offensiv mit den Vilimsky-Anwürfen umgehen: „Wenn das BZÖ eine Schwulenpartei wäre, dann müsste ich als Obmann ja wohl auch einer sein. Nun sind aber diese Schwuchteln bekanntlich im Schnitt recht geschmackssichere Menschen – glauben Sie ernsthaft, ich täte da auch nur einen einzigen Pecker machen?“

Und der Gegenangriff kann natürlich auch nicht ausbleiben: „Die FPÖ wäre gut beraten, sich lieber um die Wehrsportübungen ihres Vorsitzenden zu kümmern. Mir wurde aus verlässlicher Quelle ein Brief an den Obmann des Alpenvereines zugespielt, aus dem klar hervorgeht, dass im vergangenen Jahr keineswegs Bruno der Bär für die grässlich zugerichteten Schafe in Tirol verantwortlich war. Die unschuldigen Kreaturen waren vielmehr Opfer des perversen Nahkampftrainings gewisser Herren. Und somit mittelbar natürlich auch der arme Bruno.“

Strache, der von Westenthalers Ansinnen bereits weiß – seine Tarot-Kartenlegerin ist eine Doppelagentin –, bereitet nunmehr eine Pressekonferenz vor, bei der er sich nicht nur zum Beweis seiner Drogenabstinenz von einer ehemaligen Miss Austria live vor den Kameras ein Schamhaar ausreißen lassen, sondern auch zum Konter ausholen wird: Wenn er wirklich Schafen an die Gurgel ginge, gäbe es im Parlament längst keine BZÖ-Abgeordneten mehr, wird er augenzwinkernd erklären. Und: „Mit solchen absurden Behauptungen will der Orangenverein ja nur davon ablenken, dass Jörg Haider sein letztes Hintern-Lifting aus dem Kärntner Landesbudget für Wildbachverbauung bezahlt hat. Seit er nicht mehr unsere Parteikassa für seine horrenden Spesen plündern kann, muss er sich eben anderswo bedienen!“

Als Reaktion auf diese Ungeheuerlichkeit wird Haiders Kärntner Allzweckwaffe Stefan Petzner wiederum geschickt das Gerücht ausstreuen, mindestens sieben Kinder von Barbara Rosenkranz seien in Wirklichkeit von dem türkischen Installateur, der über die Jahre hinweg die ständig wiederkehrenden Toilettenverstopfungen in ihrem Haus beheben musste.

Hilmar Kabas wird im Gegenzug mit grausigen Details von jenem Skikurs aufwarten, der ihn 1959 auf der Pack unglücklicherweise ins Nebenzimmer von Ursula Haubner führte. Details, die ihm selbst heute noch, teilweise bei den unpassendsten Gelegenheiten, durch den Kopf zucken – was manches, rückblickend betrachtet, in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Schließlich wird die FPÖ einen Privatdetektiv engagieren, der Jörg Haiders Privatleben …, ach nein, das hat sie ja schon einmal. Und das BZÖ wird schließlich, wieder vom eloquenten Herrn Grosz, eine Presseaussendung anfertigen lassen, in der steht: „Das Nivau der FPÖ geht auf keine Gürtellinie!“

Und dem ist dann eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.