Warum Liebe überbewertet wird

Titelgeschichte. Liebe wird oft überbewertet – und kann sogar gefährlich werden.

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Sabrina war noch keine zwölf Jahre alt, als sie sich in Dominik verliebte, trotzdem wusste sie schon sehr gut Bescheid über dieses seltsame Gefühl. Aber wusste Dominik das auch? Wusste er überhaupt, was Sabrina fühlte? Und was fühlte er selber? Sabrina brauchte Antworten. Also schrieb sie ihrem Klassenkameraden einen Brief, dessen orthographische Schwächen dem emotionalen Ausnahmezustand geschuldet sein mögen, in dem sich die Schweizer Schülerin befand. Dokument einer ersten Liebe:

„Lieber Dominik

Bitte niemandem zeigen

Wie wärs mit uns? ich weis, dass wir nicht zusammen passen, aber eine liebe wird nicht am zusammenpassen des aus sehen gemessen sondern an zusammen passen der Liebe und des Herzens. Du weist das wir dich alle gleich fest lieben Romina liebtdich von Herzen Edith liebt dich von Herzen und Fabienne liebt dich von Herzen. Aber irgendwann muss du dich entscheiden. Romina hat mir ein mal gesagt, dass sie seit der 4ten Kl. mit dir gehen will. Wir wissen das man sagen kan ja aber es muss auch stimmen und nicht nur daher geschwatzt sein.

I LOVE YOU = Ich liebe Dich

I Nide you = Ich brauche Dich

I Want you = Ich will Dich

NICH VERGESSEN AUF DIESEM STUCK PAPIER SIND TAUSEND Gefühle.“

So ist das also: Liebe kümmert sich nicht um Äußerlichkeiten. Liebe ist exklusiv. Liebe muss ehrlich sein. Liebe macht abhängig. Gefühle sollten großgeschrieben werden. Dass ihre Nachricht der Öffentlichkeit zugänglich ist, verdankt Sabrina der Schweizer Sprachwissenschafterin Eva Lia Wyss, die für ihre Habilitationsschrift mehr als 7000 Liebesbriefe aus über hundert Jahren gesammelt und im Zürcher Liebesbrief-Archiv (ZLA) organisiert hat. ... Mehr als 7000 Mal geht es in Wyss’ Archiv immer nur um das eine: um die romantische, einzigartige, ewige und allumfassende Liebe. Um ein Klischee.

Christiane Rösinger nennt dieses Klischee auch „eine Heilige Kuh ...

Lesen Sie die Titelgeschichte von Sebastian Hofer in der aktuellen Printausgabe oder in der profil-iPad-App.