Erwin Pröll

„Wer sich vom Bürger wegbewegt …“

„Wer sich vom Bürger wegbewegt …“

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profil: Herr Landeshauptmann, was schließen Sie aus den Ergebnissen der Landtagswahlen?
Pröll: Wer sich vom Bürger wegbewegt, bewegt sich weg vom Erfolg.
profil: Wen meinen Sie damit?
Pröll: Schauen Sie nach Salzburg: Wenn die Familie Salzburg das Familienoberhaupt so deutlich aus dem Haus weist, dann muss man sagen: Es kann nicht nur an der Familie liegen.
profil: Überrascht Sie der Erfolg der FPÖ in Kärnten?
Pröll: Bei aller Distanz, die man zu Haider haben kann und muss, ist seine fulminante Aufholjagd der letzten Wochen zu respektieren. Da sieht man aber auch den Unterschied zwischen politischen Persönlichkeiten: Für jemand, der fünf Jahre lang als Landeshauptmann konsequent arbeitet, sollte die Wiederwahl eigentlich keine Frage sein.
profil: Wird sich Jörg Haiders Erfolg auf die Koalition auswirken?
Pröll: Haider ist am Tag nach der Wahl genauso wichtig wie am Tag vor der Wahl. Da fallen ein paar Zehntel Prozentpunkte mehr nicht in die Waagschale. Und eines muss ich schon auch sagen: Das 5:0, das
SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusen-
bauer vor wenigen Tagen für dieses Wahljahr verkündet hat, kann sich die SPÖ in den Rauchfang schreiben, weil sie schon beim ersten Angriff ein Gegentor erhalten hat, nämlich in Kärnten.
profil: Sind die Verluste der ÖVP auch auf die Arbeit der Regierung zurückzuführen?
Pröll: Heute vor einem Jahr war die Bundespolitik dieselbe, und wir haben in Niederösterreich für die ÖVP die absolute Mehrheit geholt. Trotzdem wäre es von der Bundespartei fatal, die Ergebnisse zu ignorieren und abzuhaken. Das ist als Signal zu verstehen, sich weiterzuentwickeln, mehr Informationsarbeit zu leisten und mehr Gewissenhaftigkeit Platz greifen zu lassen.
profil: Kritik am Generalsekretariat?
Pröll: Ich würde sagen, da handelt es sich um ein gemeinsames Unternehmen: um die Strategiearbeit des Generalsekretariats, um die Informationsarbeit der Fachministerien und des Parlamentsklubs.
profil: Die ÖVP liegt in den Umfragen stabil auf Platz zwei. Färbt das auf die Länder ab?
Pröll: Ich habe meinen Intensivwahlkampf wenige Tage, nachdem die äußerst ungeliebte schwarz-blaue Koalition installiert worden war, begonnen. Das war ein radikaler Einbruch. Die ÖVP lag auch damals bei 36 Prozent in den Umfragen. Das Ergebnis der niederösterreichischen Landtagswahlen kennen Sie.
profil: Themen und Stil der Regierung sind richtig?
Pröll: Die Arbeit könnte besser werden – mit mehr Gewissenhaftigkeit und entsprechender Sensibilität, was zumutbar ist. Ich denke da etwa an die Debatte um die Pensionsverluste der letzten Wochen.
profil: Laut Umfragen droht die ÖVP auch die Bundespräsidentenwahlen zu verlieren.
Pröll: Da mache ich ein großes Fragezeichen. Benita Ferrero-Waldner hat sich in den vergangenen Wochen sehr profiliert, und sie hat enormen Zuspruch. Sie geht mit Herz und Engagement auf die Menschen zu. Das unterscheidet sie von ihrem Konkurrenten.