Benko-Einvernahme in U-Haft: Ein mysteriöser Tresor und heikle Fragen
Manche Menschen sind offenbar so reich, dass sie schon mal vergessen, ob und wieviele Luxusuhren sie besitzen. Ob sie diese ihrer Ehefrau geschenkt haben. Oder wo sich diese Uhren überhaupt befinden. So wohl auch der Signa-Gründer René Benko, der seit Jänner in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Wien Josefstadt sitzt und schon einige Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft hinter sich hat. In einer dieser umfangreichen Befragungsrunden geht es um einen – quasi ausgelagerten – Safe voller Bargeld, Manschettenknöpfen und Armbanduhren. Und um die Frage, wem diese gehören und warum man Wertgegenstände überhaupt bei Verwandten aufbewahrt. profil liegt das Protokoll von Benkos Aussage vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor.
Seit Jänner sitzt der mittlerweile insolvente Signa-Gründer nun im Gefängnis – und daran dürfte sich so schnell wohl auch nichts ändern. Am Dienstag ist Benko abermals mit einem Antrag auf Enthaftung bei der zuständigen Haftrichterin abgeblitzt. Aus Sicht des Gerichts besteht weiterhin nicht nur ein dringender Tatverdacht, sondern auch der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr. Es verlängerte die U-Haft um zwei weitere Monate. Benko hat sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Er kann gegen die Verlängerung der U-Haft Beschwerde beim Oberlandesgericht Wien einlegen oder jederzeit erneut einen Enthaftungsantrag stellen.
Zur Vorgeschichte: Als am 23. Jänner gegen 8.30 Uhr in der Früh Ermittler der „Soko-Signa“ am Wohnsitz der Familie Benko in Igls klingeln, haben sie nichts weniger als eine Festnahmeanordnung, ausgestellt von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und genehmigt vom Landesgericht für Strafsachen Wien, dabei. Darin rechtlich durchdekliniert: ein dringender Tatverdacht in Bezug auf mehrere schwere strafrechtliche Vorwürfe. Benko wurde festgenommen, letztlich musste er in U-Haft.
Doch schon im Juni vergangenen Jahres fanden an zahlreichen Signa-Standorten, in den Büros der Laura Privatstiftung und weiteren Stiftungsstandorten, bei ehemaligen Signa-Managern sowie in privaten Räumlichkeiten der Benkos zahlreiche Hausdurchsuchungen statt. Akten, Laptops, Unterlagen bis hin zu privaten Gegenständen von René Benko, etwa sein Ferrari F40, wurden damals beschlagnahmt. Was die Ermittler nicht fanden: einen circa 1,5 Meter großen Safe voll mit 120.000 Euro in bar, Uhren und Schmuckstücken.
Nach einer Aussage von Benkos Bodyguard fanden die Ermittler diesen Tresor später im Haus von Verwandten von Benkos Ehefrau Nathalie. Für Benko ist Angelegenheit nicht unheikel: Er befindet sich bekanntlich in einem Konkursverfahren. Dort ist er verpflichtet, sein Vermögen vollständig anzugeben. Wie sieht es nun mit dem Tresor und dessen – äußerst werthaltigem – Inhalt aus?
Erinnerungslücken
In der Einvernahme durch die WKStA erklärte Benko den Tresor zur Angelegenheit seiner Frau: Diese habe den Tresor angeschafft und bei den Verwandten aufstellen lassen. „Wann und wie meine Frau ihre Gegenstände in den Tresor gebracht hat, ist mir nicht im Detail bekannt bzw. wusste ich auch nicht von Anfang an, dass meine Frau einen Tresor angeschafft hat“, gab der Signa-Gründer zu Protokoll. Drei der gefundenen Uhren habe er „schlichtweg auch nicht in Erinnerung“ gehabt. Diese seien „ursprünglich irgendwelche Gastgeschenke“ gewesen, die man für die Charity-Stiftung der Frau habe versteigern wollen. Auf die Frage, wem diese Uhren aus seiner Sicht gehören, meinte Benko: „Gott sei Dank bin ich kein ausgebildeter Jurist und muss mich nicht mit einer derart vermeintlich einfachen, aber trotzdem komplexen Frage beschäftigen.“
Viel weniger komplex wird es jedoch auch nicht in Bezug auf weitere acht aufgefundene Uhren – darunter durchaus luxuriöse Modelle. Diese habe er schon im Jahr 2021 zweien seiner Kinder geschenkt, sagte Benko aus – gemeinsam mit jeweils zwei Paar Manschettenknöpfen, die ebenfalls im Tresor waren. Im Wortprotokoll der Vernehmung findet sich dazu folgende Aufforderung durch die WKStA: „Erklären Sie bitte die Üblichkeit solcher Geschenke in Verbindung mit dem jungen Alter der Kinder!“
Benko sagte, Weihnachten 2021 sei „emotional die Hochphase meiner beruflichen Laufbahn“ gewesen. Er habe etwas „mit Symbolik und Erinnerungswert“ schenken wollen. Wegen des Alters hätten die Kinder die Uhren damals nicht getragen – im Unterschied zu Benko selbst. Der Signa-Gründer wollte darin vor den Ermittlern nichts Unübliches erkennen und meinte: „Es ist auch nicht so, dass ich mir ständig alle Uhren ausgeborgt hätte. Heute habe ich in Erinnerung, dass es nur die eine oder andere war, wie zum Beispiel der Patek-Chronograf. Ich glaube auch, die Hublot Manchester ein- zweimal getragen zu haben und glaube einmal anlässliche eines Anlasses mit Smoking auch die IWC.“
Doch Benko, der eigentlich selbst über eine Uhrensammlung verfügte, will diesbezüglich nicht nur bei seinen Kindern, sondern auch bei seiner Frau gewildert haben: „Ich schließe auch nicht aus, dass ich mir schon einmal eine Uhr meiner Frau ausgeborgt habe.“ Die Ermittler, die offenbar immer noch der Hauptfrage nachgehen wollten, ob die teuren Zeitmesser nicht in Wahrheit Benko selbst gehörten und daher im Konkursverfahren anzugeben gewesen wären, hakten nach: „Meinen Sie, dass Ihre Frau echte Herrenuhren trägt oder sind das vielmehr Unisex Modelle oder meinen Sie, dass eine bestimmte Uhrengröße per se eine Herrenuhr ist?
Daraufhin meinte Benko, es sei schon einmal versucht worden, ihm das Wort im Mund umzudrehen, weshalb er „zu dieser Frage sehr zurückhaltend sein“ wolle. Seine Frau habe immer große Uhren bevorzugt. Er habe ihr einmal eine „Rolex Daytona in glaublich Stahl geschenkt“, die „definitiv üblicherweise primär von Männern getragen wird, was die Größe der Uhr anbelangt“. Benko meinte: „Am besten Sie fragen einen Juwelier oder Experten.“
Unter dem Hammer
Auf der Online-Plattform Aurena wurden etwa René Benkos Manschettenknöpfe versteigert. Was in die Insolvenzmasse kommt und was eigentlich gar nicht Benko gehört, weil er es seiner Ehefrau geschenkt hat, müssen letzten Endes die Gerichte entscheiden.
Für Benkos Gläubiger ist die Frage, wem die teuren Uhren und Schmuckstücke gehören, nicht unwesentlich: Die Forderungen belaufen sich insgesamt auf 2,4 Milliarden Euro, wovon aber nur ein Bruchteil anerkannt ist. Und noch viel weniger hat Benkos Masseverwalter Andreas Grabenweger im Zuge der Verwertung bisher eingenommen. Keine volle Million soll beim Verkauf von anderen Uhren, Manschettenknöpfen, einem Schnellboot, einem Jetski oder Markenkleidung hereingekommen sein, wie profil aus involvierten Kreisen erfuhr. Ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel soll um die Vermögenswerte des gefallenen Immobilienjongleurs stattgefunden haben, bevor der Masseverwalter die Wertgegenstände zur Auktion freigeben konnte. Und einen Teil davon soll sogar Benkos Mutter herausgekauft haben.
Was das Bargeld im Tresor betrifft, habe seine Frau wohl einen Teil des „Haushaltsgelds“ für sich angespart, gab Benko zu Protokoll. Er habe „über die vielen Jahre hinweg immer wieder und auch häufiger Bargeld-Abhebungen“ getätigt, daraus laufend Bargeld mit nach Hause gebracht und seiner Frau „als Haushaltsgeld zur Verfügung gestellt“. Ob „Haushaltsgeld“ die richtige juristische Definition ist, müsse „ein Jurist beantworten“, meinte Benko. Juristen werden in Zusammenhang mit der Causa Benko wohl auch noch ganz viele andere Fragen beantworten müssen. Fest steht jedenfalls: Sollten das Geld und die Wertgegenstände tatsächlich Benkos Ehefrau und den Kindern gehören, hat der Masseverwalter keinen Zugriff darauf.