Zugespitzt: Wurde die DSN von der Muslimbruderschaft unterwandert? Und ist das gefährlich?
Mayer
Wesentlich ist, ob es tatsächlich eine Weitergabe der Informationen gegeben hat und wenn ja, an wen – das ist jetzt Gegenstand von Ermittlungen und Auswertungen. Es ist zu früh einen eventuell eingetretenen Schaden zu bewerten. Wesentlich ist auch festzuhalten, dass keine nachrichtendienstlichen Informationen betroffen waren.
Für wie gefährlich halten Sie die Muslimbruderschaft. Die Operation Luxor vor 4 knapp 5 Jahren ist ja ordentlich in die Hose gegangen. Da blieb nur wenig übrig.
Mayer
Die Muslimbruderschaft hat das Ziel, unseren liberalen, demokratischen Rechtsstaat zu unterwandern und durch ein System zu ersetzen, das sich an der Scharia orientiert. Das widerspricht demokratischen Grundwerten wie Pluralismus und dem Gleichheitsgrundsatz, Trennung von Staat und Religion. Es besteht nach wie vor der Verdacht der terroristischen Vereinigung und Gründung einer staatsfeindlichen Verbindung – die Ermittlungen in der Operation Luxor laufen also noch.
Der Nahostkonflikt ist ein großer Grund für die aufgeheizte Stimmung – welche Rolle hat die Hamas, ein Ableger der Muslimbruderschaft hier derzeit. Zuletzt hat sie ja in Deutschland das erste Mal versucht, Anschläge auf europäischem Grund und Boden zu begehen.
Mayer
Die Hamas hat Europa bisher eher als Rückzugsraum genutzt. Es ging um Anwerbung von Sympathisanten, Fürsprecher für ihre Sache zu finden – aber auch Terrorismusfinanzierung wurde betrieben. Es wurden Spenden gesammelt, um dann die Ziele der Hamas in Gaza vor Ort zu unterstützen. Es zeigt sich aber: Es gibt Hamas-affiliierte Zellen in Europa, deren Ziel Gewaltakte und Terror gegen Jüdinnen und Juden sowie terroristische Angriffe sind.
Die USA behaupten, dass der Hamas-Führer Europas in Wien sitzt, und haben den Mann, der alles bestreitet, sanktioniert. Wie sehen Sie das?
Mayer
Österreich ist – wie viele andere europäischen Staaten auch - intensiv gefährdet durch islamistischen Extremismus. Insbesondere seit dem 7. Oktober 2023 kommt es auch in Europa vermehrt zu Gewaltakten auf jüdische und israelische Einrichtungen und Institutionen von Ländern, die Israel unterstützen.
Wenn man über die Hamas spricht, muss man auch über den Iran sprechen. Man hört, die Aktivitäten seien vor allem im Spionagebereich hoch. Stimmt das?
Mayer
Ja das stimmt. Aber auch im nachrichten- und geheimdienstlichen Bereich haben die Aktivitäten zugenommen. Wir sehen, dass immer mehr sogenannte Proxy-Akteure angeworben werden, um Gewaltakte und Terrorakte gegen bestimmte Einrichtungen und Personen zu setzen. Jüdinnen und Juden sowie iranische Dissidenten sind da besonders betroffen.
Von welcher islamistischen Gruppierung geht derzeit da die größte Gefahr aus?
Mayer
Sicher vom IS und dessen Ableger ISKP (Islamic State Khorasan Province). Letztere ist eine jihadistische Gruppierung, die ihre Wurzeln im zentralasiatischen Raum hat. Sie hat großen Zulauf, insbesondere bei jungen Personen.
Und was tut die DSN, um der Gefahr, die von Islamismus ausgeht, habhaft zu werden.
Mayer
Unsere Strategien sind zweigeteilt: Prävention und Repression
Kann die Bevölkerung auch etwas tun, um sich zu schätzen?
Mayer
Extremismusprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist wichtig, dass in all unseren gesellschaftlichen Systemen wie Vereinen, Schulen oder im öffentlichen Raum die Augen offen gehalten werden. Wenn es Hinweise auf Radikalisierung gibt, müssen bestehende Meldesysteme genutzt werden. Ebenso wenn man in den sozialen Medien radikale oder extremistische Inhalte wahrnimmt. Jeder und jede einzelne kann hier unterstützen.