Briefkasten-Kirche
Nicht alle offengebliebenen Forderungen sind auf dem von der Gemeinde Laa ausgestellten Papier konkret bezeichnet. Da, wo eine genaue Bezeichnung vorhanden ist, geht es um Wassergebühren sowie um Mahngebühren und auch um einen Säumniszuschlag. Einige Male sind einfach nur Zeiträume angeführt, wie zum Beispiel: „1. Quartal 2021“. Die Vermutung liegt nahe, dass es auch hier ums Wasser geht. Die älteste Position betrifft die Wasserabrechnung 2018 und wäre demnach bereits am 29. Jänner 2019 fällig gewesen – also vor mehr als fünf Jahren. Die jüngste ausgewiesene Eintragung betrifft die „Bereitstellungsgebühr 4. Quartal 2023“.
Zahlen sollte eigentlich die Grundstückseigentümerin, doch diese ist offenbar nicht so leicht greifbar. Es handelt sich dabei nämlich um eine Briefkastenfirma auf Zypern. Diese heißt „Meissen Limited“. Die Meissen stand über Jahre hinweg im Eigentum einer Offshore-Firma in der Karibik, welche dem Deripaska-Imperium zugerechnet wird.
Anfang 2018 gingen die Anteile zunächst an eine andere Firma des Oligarchen, doch bald danach kam die große Überraschung: Wie profil 2022 berichtete, erfolgte just wenige Tage vor der feierlichen Einweihung der Kirche Ende September 2018 ein weiterer Eigentümerwechsel. Alleingesellschafterin ist laut zypriotischem Firmenbuch seither eine in Moskau ansässige Geschäftsfrau namens Tatiana Monaghan. Nun stellt sich die Frage: Fungiert Monaghan in irgendeiner Art und Weise als Statthalterin für den mittlerweile sanktionierten Deripaska? Oder ist der Milliardär tatsächlich aus seiner eigenen Kirche ausgetreten?
Eigentümer-Firma ist „ruhend“
Jedenfalls scheint es unter der neuen Eigentümerin mit dem Zahlungsverhalten gegenüber der Gemeinde Laa nicht zum Besten bestellt zu sein. profil-Recherchen zufolge bezeichnet sich die Meissen Limited in ihren Jahresberichten seit 2019 als „ruhend“ („dormant“). Es ist extra vermerkt, dass die Firma von der finanziellen Unterstützung durch ihre Gesellschafterin abhängig ist. Und zumindest 2020 und 2021 griff diese laut vorliegendem Jahresabschluss auch tatsächlich in die eigene Tasche und zahlte Ausgaben der Firma von 5040 US-Dollar im Jahr 2020. Im Folgejahr kamen dann noch mal 35.394 hinzu. Ungeachtet dessen ging die Gemeinde Laa beim Wasser zuletzt aber offenbar leer aus.
Monaghan ließ eine profil-Anfrage gänzlich unbeantwortet. Und auch eine Deripaska-Sprecherin ging nicht auf Fragen zur Kirche ein, sondern ließ nur wissen, dass der Milliardär seit Jahrzehnten für den Weltfrieden eintrete und ständig die Notwendigkeit betone, Militärausgaben in Richtung dringender Themen wie Umweltschutz und Gesundheitsversorgung umzuverteilen.
Deripaska: Trete für Weltfrieden ein
Deripaska machte zuletzt Schlagzeilen, weil er den russischen Krieg gegen die Ukraine kritisierte und einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen forderte. profil wollte nun wissen, ob der Milliardär daraufhin Reaktionen aus dem Kreml erhalten habe – und ob es ihm mit seinen Aussagen ernst sei oder ob diese nur ein Versuch seien, von westlichen Sanktionslisten zu kommen. Die Sprecherin des Oligarchen ließ daraufhin wissen, dass Deripaska es für „schändlich“ halte, dass „angeblich seriöse Medien“ es zuließen, von Kriegstreibern manipuliert zu werden – und stellte gleich einmal eine Klagsdrohung in den Raum.
Deripaska, der sich nun als Kämpfer für den Weltfrieden geriert, steht unter anderem deshalb auf der Sanktionsliste der EU, weil er wirtschaftlicher Eigentümer des Automobil-Konzerns GAZ sei, zu welchem ein wichtiger Lieferant für die russische Armee namens „Military Industrial Company LLC“ gehöre. Ein Teil dieses Unternehmens stelle das gepanzerte Amphibienfahrzeug BTR-80 her – ein Mannschaftsfahrzeug, welches im Krieg in der Ukraine zum Einsatz gekommen sei. Deripaska wiederum hat die Sanktionen von Beginn an als zutiefst fehlgeleitet bezeichnet. Sie würden sich auf völlig falsche und grundlose Vorwürfe stützen.
Doch zurück nach Laa: Von ÖVP-Bürgermeisterin Brigitte Ribisch wollte profil unter anderem wissen, ob sie damit gerechnet hätte, dass es bei einer von einem Milliardär erbauten Kirche zu nicht bezahlten Gemeindegebühren kommen würde. Ribisch verwies jedoch auf das Amtsgeheimnis und auf abgabenrechtliche Geheimhaltungspflichten. Sie könne und dürfe daher keine Antworten geben, die über das hinausgingen, was im öffentlichen Grundbuch ersichtlich sei.