Nimm dich in Acht, Bertie!
Parallel zur galoppierenden Zölle- und (folglich) Wirtschaftsmisere feiert der sogenannte „Recession Pop“ sein Comeback. Beides besingt die Irin CMAT auf ihrem neuen Album „Euro-Country“. Hinter dem Akronym verbirgt sich Ciara Mary-Alice Thompson; die 29-Jährige lädt in schrillen Outfits musikalisch in ein Irland austauschbarer Einkaufszentren und Warteräume; ausgehöhlt wurde die Insel durch den Ökonomie-Crash des Jahres 2008. Mit den Folgen kämpft das Land bis heute. Pop bleibt da oft der einzige Spaß.
„My Euro, Euro, Euro Country“, erinnert CMAT an die bis Anfang der 2000er-Jahre noch ruhmreiche Ära der irischen Wirtschaft, „Celtic Tiger“ genannt: „Everything I thought that I could be / He cut it in half“. Auf TikTok verweist der gleichnamige Song das Gen-Z-Publikum auf die glorreiche Insel-Vergangenheit – inklusive Bertie-Ahern-T-Shirt. Ahern, von 1997 bis 2008 Ministerpräsident Irlands, will neuerdings zurück in die Politik. CMAT kündigte bereits vor geraumer Zeit an, dass es ihre Aufgabe sei, dies zu verhindern.
CMAT spielt auf „Euro-Country“ mit Assonanzen, erzählt von kollektiven Traumata: Väter, die nicht mehr nach Hause kamen; Familienwohnsitze, die bis heute verwaist sind. Eine Art Memory Lane für Millennials, imprägniert von Dauerkonsum und unbezahlbaren Immobilienpreisen. Die Texte sind pointiert, der Sound geschliffen. Folk-Tröpfeln war gestern, heute liefert Thompson eingängige Pop-Hits – durchaus mit Bertie-Ahern-Wahlkampf-Störpotenzial. Daneben erzählt sie vom Aufwachsen als Frau in Irland, von Körperbildern und Männern: „Take a sexy picture of me / And make me look fourteen, oh.“ Mit „Euro-Country“ hebt CMAT ihren Irish-Indie-Pop endlich auf die große Pop-Bühne.