Vincent Bueno möchte bei seinem Auftritt tanzen
Aufgedreht

Eurovision Song Contest: Amen, Amen, Destiny

Populärkultur & Musik zur Zeit. Teil zwei: Warum ist der Eurovision Song Contest eigentlich so fad?

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Alles schon gehört: Der 65. Eurovision Song Contest, der gerade in Rotterdam stattfindet (Finale: 22. Mai), ist gewiss keine Bühne für musikalische Offenbarungen. Der Großteil der Beiträge verschwimmt zu einem locker austauschbaren Pop-Teppich. Victoria, die für Bulgarien mit „Growing Up is Getting Old“ antritt, klingt ein bisschen zu sehr nach Billie Eilish, und das Lied „Je me casse“ der 18-jährigen Sängerin Destiny aus Malta trifft nicht nur genau den Zeitgeist der Vorvorjahres-Gewinnerin Netta, sondern klingt auch ziemlich ähnlich wie deren Song „Toy“.
 

Österreich trägt auch seinen Teil zur eurovisionistischen Belanglosigkeit bei und hat den 35-jährigen Musical-Vokalisten Vincent Bueno in die Niederlande entsandt. Buenos Pop-Ballade „Amen“ klingt blass, gleichförmig und öde. Bezeichnend, dass es sogar einen weiteren Wettbewerbssong mit demselben Titel gibt: Auch Ana Soklič singt für Slowenien „Amen“ – jedoch mit entschieden mehr Pathos als Bueno. Dennoch sind beide „Amens“ bereits im Semifinale ausgeschieden.

Unter eingefleischten österreichischen Song-Contest-Fans werden seit Conchita Wursts Überraschungssieg 2014 immer wieder Bedenken geäußert: Stellt sich Österreich schon mit seiner KandidatInnenwahl absichtlich ins Aus, um nur ja nicht zu gewinnen (was Cesár Sampson vor drei Jahren freilich erst recht nur haarscharf verpasste)?

Ein wenig akustische Abwechslung im gleichförmigen Pop-Reigen bietet immerhin der italienische Beitrag. Dem reizvollen Rocksong „Zitti e buoni“ der Band Måneskin wurden im Vorfeld beste Gewinnchancen eingeräumt, in sozialen Medien wird der Gruppe sogar nachgesagt, zu gut für den Song Contest zu sein. Was für ein schönes Kompliment.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.