Fantasy-Slapstick: Adèle Exarchopoulos in „Mandibules“

Crossing Europe: Radau mit Riesenfliege

Trost der Schönheit: Das Linzer Filmfestival Crossing Europe zeigt ausgesuchte Kinoaktualitäten aus einem pandemisch angeschlagenen Subkontinent.

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Der vor 15 Monaten lahmgelegte Filmfestivalbetrieb wurde hierzulande vor wenigen Tagen mit dem Kurzfilmfest Vienna Shorts (läuft noch bis 1. Juni) in Wien wieder aufgenommen. Das Linzer Crossing-Europe-Event (1.– 6.6.) wird sein handverlesenes Programm aktueller europäischer Kinojuwelen ab Dienstag dieser Woche auf die Leinwände bringen, nächste Woche gibt sich dann auch die Diagonale in Graz (8.– 13.6.) mit ihrer Nahaufnahme des zeitgenössischen österreichischen Filmschaffens wieder die Ehre.

2021 ist das letzte Jahr, in dem Crossing-Europe-Gründerin und -Direktorin Christine Dollhofer programmverantwortlich auftritt; sie wurde unlängst zur neuen Chefin des Wiener Filmfonds gekürt. Die 18. Ausgabe ihres Festivals bietet in mehreren Programmschienen über 120 Filme aus 40 Ländern auf. Allein im Wettbewerb hat vieles Platz. Zum Beispiel das Frauenhass und religiösen Extremismus verhandelnde Arthouse-Juwel „Beginning“ von der jungen georgischen Filmemacherin Dea Kulumbegashvili, die der Tristesse ihrer Erzählung den Trost der Schönheit ihrer Bilder und Inszenierungsformen entgegenstellt; oder auch der griechische Autorenfilm „Apples“ des Regisseurs Christos Nikou, der mit Witz und sanftem Schrecken eine schlimmere Pandemie als die gerade erlebte an die Wand malt: Alle Befallenen vergessen darin ihre Identitäten und Lebenszusammenhänge.

Ein Tribute gilt dem Tschechen Ivan Ostrochovský, einem Grenzgänger zwischen Fiktion und Dokumentarismus. Und in der Genre-Schiene Nachtsicht erfreut der Fantasy-Slap-stick des Franzosen Quentin Dupieux, der mit „Mandibules“ ein avanciertes Stück geistiger Umnachtung um ein männliches Deppenduo und die im Kofferraum ihres Autos summende Riesenfliege vorlegt.

 

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.