Junger Mann im Smoking und weißem Hemd blickt aus einer verglasten Tür.
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Nils Strunk: Das Theater-Genie

Der Name Nils Strunk garantiert am Burgtheater Publikumsströme und Standing Ovations. Kommende Woche feiert er seine Regie-Premiere an der Volksoper mit „Killing Carmen“. Ein Gespräch über Machtmissbrauch, Hypes und Femizid.

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An diesem frühherbstlichen Vormittag fühlte sich bei der „Killing Carmen“-Probe (Premiere: 1. Oktober) alles sehr frei an. Ganz plötzlich. Der Druckabfall hing damit zusammen, dass ein Sänger erkrankt war und Nils Strunk, 35, auf der Probebühne dessen Part selbst sang: „Ich war auf einmal total entspannt, weil als Regisseur bist du ja ständig angeknipst.“ Natürlich kann Strunk nicht nur Regie führen, spielen, mehrere Instrumente bedienen und schreiben, sondern auch singen. Sein Kompagnon Lukas Schrenk übernahm eben kurzfristig allein das Regieruder.

Wie das so läuft mit den beiden? Es gibt kaum einen Moment, wo sie beim Arbeiten nicht einer Meinung sind. Schrenk und Strunk, das ist ein unzertrennliches Duo seit den Studientagen an der Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin. Er könne sich überhaupt nicht mehr vorstellen, irgendwas „ohne den Lukas zu machen“. Gemeinsam entwarfen, adaptierten und inszenierten sie zwei nahezu ständig ausverkaufte Theaterwunder: Mozarts „Zauberflöte“ und die Dramatisierung von Stefan Zweigs „Schachnovelle“, die am Burgtheater das Publikum in Begeisterung versetzen. „Der Nils verführt uns alle zum Gutsein“, schwärmt der Schauspieler Florian Carove über die Arbeit an der Fortsetzung der Bizet-Oper und seinen „halben“ Regisseur – „er liebt seine Sänger und Schauspieler, wie ich das selten erlebt habe.“

Strunk selbst freut sich zwar enorm über den Erfolg, benutzt dafür auch Worte wie „dankbar“, relativiert aber gleichzeitig, womöglich auch aus einer Art Selbstschutz, den gegenwärtigen Hype um ihn und seine Arbeit: „Wir kriegen diese schöne Energie aus dem Publikum natürlich jeden Abend mit. Aber wir sind ja nicht blöd und wissen genau, dass das auch wieder einmal aufhören könnte. Zurzeit dürfen wir nahezu alles machen, worauf wir Lust haben. Aber in fünf Jahren wird es sicher auch Leute geben, die rufen: Könnte ich jetzt bitte endlich einmal wieder einen Tschechow ohne Musik sehen, einfach wieder so, wie sich der das einmal gedacht hat?“

Angelika Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort