Kultur

Jeder-Mann? Machtmissbrauch in Theater- und Filmbranche

Eine neue NDR-Doku macht Machtmissbrauchsfälle in der Theater- und Filmbranche öffentlich. Mittendrin: die österreichischen Regisseure Paulus Manker und Julian Pölsler. Was sagen die Vertrauensstellen in Kunst und Kultur dazu?
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Jetzt ist schon wieder was passiert. Die Themen, die in der NDR-Dokumentation „Gegen das Schweigen – Machtmissbrauch bei Theater und Film“ verhandelt werden, sind zwar keine neuen. Es geht um Demütigungen und Beleidigungen am Set, sexuelle Belästigung, physische Übergriffe. Auch die vermeintlichen Täter sind keine Unbekannten. Der deutsche Schauspieler und Regisseur Kida Ramadan („4 Blocks“) zum Beispiel oder der österreichische Theatermacher Paulus Manker („Alma – A Show Biz ans Ende”). Von ihren Ausbrüchen hat man in der Vergangenheit immer wieder gehört, über das Gebrüll und die Beleidigungen von Manker berichtete 2020 die Wiener Wochenzeitung „Falter“, Ramadan entschuldigte sich bereits letztes Jahr für sein aggressives Verhalten hinter den Kulissen. 

Der Dritte im Bunde ist der österreichische Regisseur Julian Pölsler („Der Altaussee-Krimi“). Es werden ihm unangemessene Berührungen und verbal übergriffiges Verhalten vorgeworfen. Pöslers Anwalt weist die Anschuldigungen zurück.

Nun sind die Themen nicht neu. Aber die Wucht, mit der sie derzeit die österreichische und deutsche Kulturszene aufmischen, sehr wohl. 

125 Fälle in 16 Monaten

Beim Verein vera*, Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch, Belästigung und Gewalt in Kunst und Kultur, wurden bis letzte Woche 125 Fälle registriert. Seit September 2022 können sich Betroffene dort beraten lassen. „Wir müssen die Rahmenbedingungen und Systematiken hinterfragen, die Derartiges zulassen. Und wir müssen einen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben, dass so ein Verhalten in Zukunft nicht mehr akzeptiert wird”, sagt Obfrau Ulrike Kuner. „Die Kolleginnen, die sich in der Dokumentation geäußert haben, sind mutig. Es hilft anderen Betroffenen, wenn Menschen so ein Verhalten aufzeigen und nicht tolerieren.“

Ähnliches berichtet Meike Lauggas von der Anlauf- und Beratungsstelle für Film- und Fernsehschaffende. „Es ist ein Signal für alle, die Übergriffe gesetzt haben, aber auch für jene, die weggesehen haben und zwar: Das geht nicht mehr, das muss aufhören.“ Und sie betont: „Es ist jetzt Aufgabe der ganzen Öffentlichkeit, sich die Namen derjenigen zu merken, die etwas gesagt haben und ihre Beauftragungslage zu beobachten.“ 

Man rechne damit, dass sich die Anzahl der Meldungen in den nächsten Tagen erhöhen wird. Schon in der Vergangenheit kam es bei den Kontaktanfragen zu intensiveren Konzentrationen, wenn das Thema #MeToo medial besprochen wurde.

Vertrauensstelle für Betroffene von Gewalt & Belästigung in Kunst & Kultur

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.