Herbert Föttinger beim profil-Interview in seinem Büro.
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Föttinger: „Als Kulturminister ist Babler eine große Enttäuschung”

Der unter Vorwürfe geratene Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger bestreitet das letzte Jahr seiner 20-jährigen Amtszeit. Und nimmt sich wie immer kein Blatt vor den Mund.

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Sie sind ein passionierter Taucher, waren vor Ihrem letzten Jahr als Theaterdirektor zwei Monate in Ägypten. Was kann man von den Fischen lernen?

Herbert Föttinger

In 42 Meter Tiefe habe ich Muränen beobachtet – mit ihren spitzen Zähnen und kalten Augen, wie sie da unten lauern. Meine Erkenntnis war: Die Muränen im Roten Meer sind mir lieber als die in Wien. Gelernt habe ich nicht von den Fischen, sondern für meine nächste Rolle: der „Theatermacher”, das ist eine Mammutaufgabe.

Das wird den Steuerzahler freuen, dass Sie in Ihrem Urlaub auch arbeiten.

Föttinger

Ich denke, es ist den Steuerzahler:innen ziemlich egal, wie ich meinen Urlaub verbringe.

Sie haben mit Matthias Hartmann für Thomas Bernhards „Theatermacher” einen Regisseur besetzt, der seinen Direktorsposten, als einziger in der Geschichte des Hauses, im Burgtheater räumen musste. War das auch ein Akt der Solidarität?

Föttinger

Nein. Matthias Hartmann ist ein fantastischer Theaterregisseur. Wie er am Text arbeitet, wie genau er ist – eine Freude mit ihm zu arbeiten! Es ist traurig, dass er in Wien nicht mehr inszeniert, vor allem, weil seine Entlassung ja im Nachhinein als ungerechtfertigt erkannt wurde.

Ist Wien eine Theaterstadt, in der man schwer verzeiht?

Föttinger

Das weiß ich nicht. Ich kenne mich bei den Menschen nicht mehr so aus.

Das sagen Sie nach zwanzig Jahren an der Spitze der Josefstadt?

Föttinger

Ich versuche immer wieder drauf zu kommen, was mit den Menschen passiert ist. Was sich da verändert hat. Ich bin 64 und komme aus einer anderen Zeit. Ich wurde sozialisiert mit Bruno Kreisky, in einer Stimmung des Aufbruchs, des Hedonismus. Die Gesellschaft hat sich seither verändert, in den letzten Jahren rapide.

Was halten Sie denn von dem sozialdemokratischen Vize-Kanzler und Kulturminister Andreas Babler?

Föttinger

Ich denke, dass er ein wirklich guter Politiker ist, und es der Sozialdemokratie gut tut, dass da einer ist, der auch wieder einen Schritt zurück macht und sich nicht weiter anpasst. Aber als Kulturminister ist er bis dato eine große Enttäuschung. Ich glaube, dass er einen großen Fehler gemacht hat, als er dieses Ressort übernommen hat. Ich habe ja viele Kulturministerinnen und Kulturminister erlebt, aber Babler ist als Kulturminister im Moment circa auf der Stufe von Gernot Blümel (Anm. auch ehemaliger Finanzminister im Kabinett Kurz).

Angelika Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort