2024 Coachella Valley Music And Arts Festival - Weekend 1 - Day 2

Keine Spiele mit mir! Tyler, the Creator gibt neuerdings den Partyschreck

Der kalifornische Rap-Superstar lädt mit einem Überraschungsalbum und starken Club-Tracks zum Ausrasten ein.

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Gerade in den Hundstagen, wenn die Gluthitze besonders gnadenlos gegen die Fensterscheiben dröhnt, ist sie willkommen: Musik, die zu ihrer Wertschätzung nicht unbedingt eingehende Analysen von Konzepten und Metaebenen voraussetzt. Ein solches „kurzes, fröhliches, lebhaftes und selbstbewusstes Album“ (O-Ton) hat der amerikanische Hip-Hop-Großkünstler Tyler, The Creator mit seiner neunten Solo-LP „Don’t Tap the Glass“ nun ohne große Vorankündigung in die Streams der Plattformen gelegt.
Ausgerechnet er? Dieser genial großmäulige Virtuose im Zusammendenken von Ironie, Irritation und Introspektion, dieser begnadete Verleger doppelter Böden und Jongleur multipler Alter Egos, will einfach nur Spaß haben und Party machen, ohne den ganzen „deep shit“? Seltsam, aber scheint so. Allerdings will Tyler auch zu jener Spielart des Feierns animieren, die ohne Scheu vor dem Blick der anderen auskommt. Darauf spielt der Titel an: So kann das Glas sowohl die (unsichtbare) Scheibe meinen, hinter der man sich beim Tanzen oft beobachtet fühlt, als auch den Handy-Screen, der solche privaten Momente dann öffentlich macht. „Dance like nobody’s watching“: Das ist hier die unmissverständliche Botschaft.

Mit einer Laufzeit von 29 Minuten ist dieses Plädoyer für Selbstvergessenheit kompakt gehalten. Tracks wie der Opener „Big Poe“, der mit markantem Busta-Rhymes-Sample direkt in den Abrissmodus geht, oder die Single „Stop Playing With Me“, die mit rauem Charme an die Möglichkeiten von Tech-Rap denken lässt, kommen ohne Umschweife ans Ziel. Raffinierter retrofuturistisch angelegt sind „Sugar On My Tongue“, das an Timbaland gemahnende Beats in die Italo-Disco schleust, sowie „Ring Ring Ring“, das mit luftig-laszivem Neunziger-R’n’B zum Slowdance einlädt.
Was diesen losen Dance-Jam letztlich zusammenhält, sind seine fiebrige Energie und sein müheloser Charme. Dabei tragen selbst die scheinbar unbekümmertsten Tracks unverkennbar Tylers Handschrift: ausgefuchst arrangiert, kantig produziert und zugleich frech genug, um die Konkurrenz auf Distanz zu halten. „Don’t Tap the Glass” mag nur ein Zwischengang sein – allerdings einer, der die Neugier weckt, wohin sich dieser stets formwandelnde Forschergeist als Nächstes wagen wird. Eines steht schon fest: Der Sommer wird schweißtreibend, auch wegen dieses Albums.

46-217350523