Musikerin Alicia Edelweiss: "Das Hamsterrad ist eine Zeitlang weg"

Alicia Edelweiss hat im Herbst ihr neues Album veröffentlicht und steht mit Voodoo Jürgens auf der Bühne. Im Interview spricht die Musikerin über Konzertabsagen in Italien, wie sie die gewonnene freie Zeit nützt und was die Coronakrise für sie finanziell bedeutet.

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Freie Künstlerinnen und Künstler trifft die Coronakrise derzeit wohl am unvorbereitetsten. Keine Konzerte, keine Lesungen und keine Aufträge heißen kein Einkommen. Und das von einem Tag auf den nächsten und auf unbestimmte Zeit. Zudem haben freie Kunstschaffende als EPU (Ein-Personen-Unternehmen) zumeist keine Arbeitslosenversicherung. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 verdienen Österreichs Kulturschaffende 5000 Euro netto pro Jahr im Durchschnitt aus künstlerischer Tätigkeit. Ein Grund, warum die Forderung nach einem Grundeinkommen in der heimischen freien Kulturszene regelmäßig laut wird. In der aktuellen Krise hat die Bundesregierung als Teil ihres Hilfspakets Direkthilfe für EPUs zugesagt. Für ganz dringliche Fälle soll es unbürokratisch Bargeld auf die Hand geben.

Alicia Edelweiss ist Musikerin und hat im Herbst ihr Album "When I'm enlightened, everything will be better“ veröffentlicht. Bis vor wenigen Tagen war sie damit noch auf Tour, im Mai sind Konzerte in Italien und Großbritannien geplant. Ob diese stattfinden, ist derzeit fraglich. Außerdem ist Edelweiss Teil der Voodoo-Jürgens-Band, mit der sie im April einige Konzerte spielen sollte. Die 27-Jährige rechnet damit, dass diese abgesagt werden. Im Interview spricht sie darüber, welche finanziellen Konsequenzen die aktuelle Situation für sie hat, wie sie die freie Zeit nutzt und wie es weitergehen könnte.

Am 21. März spielt Alicia Edelweiss um 18 Uhr auf Facebook eine Liveshow als Teil einer internationalen Online-Konzertreihe.

profil: Wie ist die Situation aktuell für Sie als freie Musikerin? Alicia Edelweiss: Meine Konzerte sowie jene von Voodoo Jürgens, bei denen ich mitspiele, sind für den März abgesagt worden. Wir nehmen alle an, dass die April-Konzerte auch abgesagt werden. Viele Einnahmen gehen dadurch verloren, aber es wird versucht, die Konzerte zu verschieben. Bei Festivals ist das leider oft nicht möglich, aber die Festivalsaison startet erst im Mai. Wir werden sehen, wie die Situation dann ist.

Mein Mitgefühl geht an Bands, die kürzlich oder in dieser Zeit ein Album released haben und eine Riesentour geplant hatten.

profil: Wie prekär ist die Lage? Edelweiss: Es ist seltsam, denn ich wollte genau in dieser Zeit ein Monat auf Urlaub fahren und Pause machen. Das heißt, von mir waren im März und April nur zwei Konzerte geplant. Bei der Voodoo-Jürgens-Band allerdings mehr. Glücklicherweise haben beide Projekte die größten Tourblocks schon hinter sich. Mein Mitgefühl geht an Bands, die kürzlich oder in dieser Zeit ein Album released haben und eine Riesentour geplant hatten. Das muss richtig hart sein. Für mich geht es sich gerade ganz okay aus, weil noch Geld von den vorherigen Konzerten da ist und ich sehr viel gespielt habe in letzter Zeit. Den Urlaub mach ich jetzt eben zu Hause.

profil: Wie könnte es weitergehen? Edelweiss: Wie gesagt, rechne ich damit, dass im April wahrscheinlich auch alles abgesagt wird. Wie es danach weitergeht, ist ungewiss und das ist schon ein unangenehmes Gefühl. Im Mai würde ich eigentlich in Großbritannien und in Italien touren. Zwei Länder in denen die Corona-Situation viel schlimmer ist, beziehungsweise sein wird, als in Österreich. Ich glaube nicht, dass diese Konzerte stattfinden werden. Das ist das Traurigste für mich, darauf hatte ich mich schon sehr gefreut. Aber ich hoffe, es wird möglich sein, die Konzerte auf den Herbst zu verschieben.

Der Druck und das Hamsterrad sind irgendwie für eine Zeit weg.

profil: Wie ist die Stimmung bei Ihnen? Wie bleibt man positiv? Edelweiss: Ich bin momentan teils sehr gut drauf, teils auch unfokussiert und unruhig. Allgemein wirkt die Quarantäne also eher positiv auf mich. Ich bin überhaupt ein Mensch, der gerne alleine Zeit verbringt, deswegen ist die Situation nicht ungewohnt für mich. Spazieren gehen kann ich auch noch, und das ist glücklicherweise eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Eine große Mission ist gerade, meine Wohnung unter Kontrolle zu bringen. Ich war ja vorher sehr überarbeitet und hab schon gemerkt, dass ich es vielleicht mit dem Konzertspielen ein bisschen übertrieben habe. Es ist schon einfacher auf sich selber zu schauen, wenn deine ganze Umgebung und die Leute, mit denen du arbeitest auch nicht mehr arbeiten können oder weniger arbeiten. Der Druck und das Hamsterrad sind irgendwie für eine Zeit weg. Ich nütze die Zeit, um Auszuatmen und Kraft zu tanken.

profil: Haben Sie den Eindruck, dass in der aktuellen Situation genug für die freie Kunstszene getan wird? Edelweiss: Der Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) mit seinem Notfonds und die AKM/austromechana unterstützen finanziell. Angeblich ist es sehr unbürokratisch und leicht, eine Unterstützung zu beantragen. Ich persönlich werde keinen Antrag stellen, da ich finanziell gerade nicht in einer Notlage bin. Diese Gelder sind kein Honorarersatz, sondern anscheinend wirklich nur für Notfälle gedacht, für Menschen die ohne Hilfe gerade nicht ihre Rechnungen begleichen können. Alle Informationen dazu gibt es auf der Website von Music Austria.