Ernst Molden & der Nino aus Wien: Unser Österreich

Neue Alben: Isolation Berlin, Ernst Molden & Der Nino aus Wien, Attwenger

Neue Alben: Isolation Berlin, Ernst Molden & Der Nino aus Wien, Attwenger

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Isolation Berlin: Körper EP (Staatsakt)

Wer sich beim Hören dieser neuen Songs an den jungen Rio Reiser erinnert fühlt, wird kaum glauben, dass die Proto-Pop-Band aus Berlin soeben erst an einem Debütalbum werkt. Verantwortlich für die ironiefreien Herzeleid-Exegesen zeichnet sich ein junger Sänger namens Tobias Bamborschke, der mit seiner Band Isolation Berlin nicht nur die dunkelbunteste EP des noch jungen Jahres veröffentlicht hat, sondern auch die Gratwanderung zwischen feiner Theatralik und großer Geste wunderbar meistert. Im finalen Song „Isolation Berlin“ manifestiert sich dann die ganze aufgestaute Teenage Angst, die Selbstzweifel und die Lebensverachtung zu einem wunderschönen bis erschütternden siebenminütigen Ende: „Wie ein Vollidiot stolper’ ich hilflos durch den Schnee“, singt Bamborschke, um resignierend festzustellen: „Ich hab’ die ganze Scheiße satt“. (8.7/10) Ph. D.

Live gastiert Isolation Berlin am 7.4. im Wiener Rhiz.

Ernst Molden & Der Nino aus Wien: Unser Österreich (Monkey Music)

Die Kunst, sich Klassikern zu nähern, liegt laut Bob Dylan vor allem darin, Songs nicht nur zu covern, sondern vielmehr zu „uncovern“, wie der 73-jährige Poet bei der Veröffentlichung seines Sinatra-Albums „Shadows in the Night“ angemerkt hat. Wie Dylan, der die Sinatra-Songs auf die wesentlichen Feinheiten (keine Overdubs, live eingespielt, klassische Band) reduziert hat, holen auch die beiden Wiener Liedermacher und Stadt-Chronisten Ernst Molden und Nino Mandl österreichische Pop-Klassiker aus der Versenkung. Auf „Unser Österreich“ uncovern sie Fundstücke von Georg Danzer bis Falco, von Ludwig Hirsch bis Sigi Maron und Wolfgang Ambros und erschaffen dabei feine Klangminiaturen, die nicht nur die Originale ehren, sondern auch eine zutiefst eigenständige und aktuelle Note tragen. Ein gutes Lied ist eben ein gutes Lied – und dabei unterscheidet sich ein Danzer nicht von Sinatra, und Der Nino aus Wien auch nicht von Bob Dylan. (8.0) Ph. D.

Attwenger: Spot (Trikont)

Die oberösterreichischen Mundart-Virtuosen Hans-Peter Falkner (Steirische Knopfharmonika) und Markus Binder (Schlagzeug, Elektronik) richten mit ihrem achten Album „Spot“ den Fokus auf die kurze Form: zwölf Stücke mit einer Länge um die zwei Minuten wechseln sich mit elf kurzen Zwischenspielen ab. Das Duo setzt dabei wie bei dem Meisterstück „Sun“ (2002) vermehrt auf elektronische Musik und attwengert die Gstanzl-Kultur – die Grundlage ihrer Klangforschung – kompromisslos in eine neue Zeitrechnung. Attwenger ist zweifellos zeitlos. (7.0/10) Ph. D.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.