Laura Gibson: Empire Builder

Neue Alben: Laura Gibson, Scarabeusdream, Mike & The Melvins, Black Mountain

Neue Alben: Laura Gibson, Scarabeusdream, Mike & The Melvins, Black Mountain

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Scarabeusdream: tacet tacet tacet (Stonefree Records)

Schlagzeug, Klavier, (Über)Lebensschreie, vor der Explosion stehende Köpfe und um Gnade flehende Lebensenergie ohne Rücksicht auf die eigene Existenz: das Duo Scarabeusdream ist nach langer Zeit mit einem neuen Album zurück. Aber was ist passiert? Hier haben sich zwischen dem altbekannten Sound des Wahnsinns Poplieder (Don't Waste Your Life) und beinahe so etwas wie Balladen (Echo, Leave Home) eingeschlichen. Der Verdacht liegt nahe, dass das eigene Innenleben und das fremde Außenleben ein für allemal auf acht Liedern abgehandelt werden sollen. Und legt man "tacet tacet tacet" zur Schlafenszeit ein und wacht stets zu einem anderen Lied auf, entsteht tatsächlich das Gefühl, man findet sich immer wieder in einem anderen Abschnitt des eigenen Lebens wieder: euphorische Jugend, angstdurchzogenes in-die-Welt-geworfen-Sein, lethargisches Weiterschleppen, wieder aufrappeln, kurz durchschnaufen, abgeklärtes Weitermachen, selbstgewisses Zurückblicken, ein letzter Schrei. Ungewiss bleibt alleine, ob es sich bei alldem um einen Traum oder Albtraum handelt. (7.2/10) S.W.

Release-Show am 30. April im Dreiraum in der Arena Wien.

Mike & The Melvins: Three Men and a Baby (Sub Pop Records)

Drei Männer und Baby. Was nach einer zweitklassigen Nineties-Komödie klingt, ist vielmehr die Ausgeburt der Hölle. Die Grunge-Zerstreuer The Melvins haben sich vor 16 Jahren mit ihrem Kumpel Mike Kunka (godheadSilo) ins Studio gewagt und zwölf Songs zwischen Fegefeuer und Gitarrenstakkato, roher Gewalt und entrückten Soundsamples eingespielt. Dass dieses furiose Stück jüngerer Musikgeschichte endlich das Licht der Untergrundwelt erblickt hat, darf man als wahren Glücksfall begreifen. Harter Noiserock, rauer Blues, kein Schnickschnack. Hier wird Gitarrenmusik noch wunderbar gegen den Strich gebürstet. (7.0/10) Ph. D.

Laura Gibson: Empire Builder (City Slang)

Der titelgebende Empire Builder, ein monumentaler Zug der Great Northern Railway, verbindet nicht nur den US-amerikanischen Nordwesten mit der Metropole Chicago, er steht auch als Synonym für einschneidende Veränderungen, die das Leben so mit sich bringt. Die aus Portland stammende Singer-Songwriterin Laura Gibson hat im Empire Builder einen Teil ihrer Reise nach New York City zurückgelegt; seit 2014 lebt die Liedermacherin mit der sanften Stimme im Big Apple, hat bei einer Gasexplosion nicht nur ihre neue Wohnung, sondern auch all ihre Instrumente und Arbeitsnotizen verloren. Vielleicht hat sie es gerade auch wegen dieser Widrigkeiten geschafft, ein wunderbares und herzzerreißendes Album zu veröffentlichen. Musikalisch bewegt sie sich weg von aktuellen Folk-Versatzstücken hin zu einer neuen Entspanntheit, variiert treibende Indie-Country-Stücke mit Americana-Romantik und bleibt dennoch ihren sanften, ruhigen Gitarrenliebhaberei treu. Nach genau 41 Minuten und einer musikalischen Reise von West nach Ost bleibt die Erkenntnis, dass ein Neubeginn immer trügerisch ist. Man fängt nie wieder bei null an. (7.9/10) Ph. D.

Black Mountain: IV (Jagjaguwar)

Das vierte Album der kanadischen Hardrock-Band vereint alles, was die fünf Vancouver-Musiker bis jetzt gemacht haben: klassische Hardrock-Gitarren, progressive Spielerein, Eighties-Computerspielkeyboards und Krautrock-Anleihen. Black Mountain denkt zusammen, was zusammen gehört: Pentagram, Velvet Underground und Can. Soviel Mut gehört belohnt. (7.5/10) Ph. D.

Playlist:

The Coathangers: Nosebleed Weekend (Suicide Squeeze Records) PJ Harvey: The Hope Six Demolition Project (Vagrant) Vague: In The Meantime (Siluh Records) The Ladies of Too Slow to Disco: Various Artists (HDYA) Heron: Oblivion (Sub Pop)