Ingrid Brodnig

#brodnig: Kein Klick nötig!

Google macht es zunehmend unnötig, auf Websites zu klicken. Die meisten Suchanfragen führen zu keinem Abruf einer Website.

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Immens: 64,82 Prozent der Google-Suchen führen zu keinem Klick. Diese Zahl illustriert, wie mächtig Google im Web geworden ist. Das bedeutet, dass fast bei zwei Drittel der Suchanfragen gar kein Abruf einer Website außerhalb Googles folgt. Man kann sich das so vorstellen: Menschen googeln zum Beispiel nach „wetter wien“ – und die Suchmaschine blendet ihnen die meteorologische Prognose der nächsten Tage ein.

Oder man sucht nach „Songtext Into my Arms“ – und Google zeigt einem prompt den gesamten Text des Liedes an. Für User ist das oft praktisch. Man muss nicht direkt auf den Wetter-Vorhersage-Anbieter oder eine Songtext-Site klicken, um fündig zu werden. Aber natürlich ist diese Entwicklung für viele Website-Betreiber eine Schreckensnachricht: Sie sind oft darauf angewiesen, dass Menschen ihre Site aufrufen und sie ihnen dort Werbung einblenden und damit den eigenen Dienst finanzieren. Wenn zunehmend Suchanfragen zu gar keinen Website-Aufrufen mehr führen, ist dies bedenklich für den Rest des Webs, der nicht Google gehört.

Die Zahl 64,82 Prozent hat der Online-Marktforschungs- und Suchmaschinen-Experte Rand Fishkin ermittelt. Die Daten umfassen sowohl Suchanfragen von mehr als 100 Millionen Desktop-Computern als auch mobilen Geräten aus dem Jahr 2020. Die Gefahr ist also, dass Menschen zunehmend weniger durchs Web surfen und sich stattdessen vielfach von Google kurze Info-Häppchen einblenden lassen. Der Internetkonzern hat übrigens mittlerweile hierauf geantwortet – und meint, dass es viele Gründe gebe, warum Menschen auf keine Website klicken. Manchmal verfeinern User ihre Suchanfrage: Sie fragen zuerst „Sneaker“ ab und dann „Schwarze Sneaker“. Eine Null-Klick-Suchanfrage kann demnach auch Ausdruck eines Verfeinerns der Suche sein.

Weiters erklärt Google, dass viele Menschen ja nur nach einer schnellen Information aus seien – zum Beispiel, wann ein Geschäft offen hat, um dann dorthin aufzubrechen. Auf diese Weise würden trotzdem andere Geschäfte gefördert. Eines ist meines Erachtens aber offensichtlich: Google hat sich massiv verändert – es blendet längst nicht nur Links zu Websites ein, sondern es zeigt sehr viel Information direkt auf der eigenen Suchmaschine an. Das mag oft kundenfreundlich sein, aber es ist gleichzeitig eine Taktik, mittels der Menschen weniger stark ins Web vordringen und gleichzeitig eher Google treu bleiben. 

 

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.