profil-Kolumnist Rainer Nikowitz
Satire von Rainer Nikowitz

Casino Doskozil

Die mutige Strategie der Politik im Umgang mit Impfgegnern kann gar nicht laut genug gelobt werden. Und der Erfolg gibt ihr ja auch recht!

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Die Impflotterie im Freistaat Burgenland wird ein überwältigender Erfolg werden, das ist eigentlich jetzt schon klar. Kaum hatte sich herumgesprochen, dass demnächst in den Weiten Pannoniens gleich neben dem Parndorfer Outlet das Casino Doskozil eröffnet, begann es in den Internet-Echokammern der Impf-Verweigerer auch schon rund zu gehen wie nicht gescheit. Und es hat bis jetzt nicht mehr aufgehört! Wangen und Kabel glühen, Abertausende werfen gerade ihre Skepsis über Bord und lösen einen Tsunami der Hoffnung aus. Auf einen Farbfernseher. Oder gar einen Opel Corsa? Wenn sich das nicht in einem satten Plus in der Quote niederschlägt, dann weiß ich auch nicht. Da wird es noch ordentlich schnalzen hinter dem Komma!

Auch die immer niederschwelligere Niederschwelligkeit des Impfangebots trägt ja immer immenser zur Immunisierung bei. Die niederschmetternde Niederlage des Nichtimpfens ist nur mehr eine Frage der Zeit  –  und die haben wir ja bekanntlich. Weshalb die Politik ihre Taktik der entschlossenen Totstreichelung von Impfskepsis im fortgeschrittenen Stadium natürlich unbedingt weiterverfolgen muss, da sind auch wir dafür, da passt kein Blatt Papier zwischen uns. Auch wir würden niemals an solche Gemeinheiten denken, wie um Beispiel aus den beliebten G-Drillingen zumindest einmal Zwillinge zu machen. Oder am Ende an noch Herzloseres!

Denn der schöne Begriff „Solidarität“ ist selbstverständlich keine leere Worthülse, das beweist sich in diesen Tagen eindrucksvoll. Man muss sie halt manchmal recht freundlich anstupsen, die Solidarität, dann geht das schon. Und wir lassen uns die beeindruckenden Erfolge, die diesbezüglich gerade überall im Land erzielt werden, auch sicher von niemandem schlechtreden! Weil, auch wenn die jetzt vielleicht jeder für sich genommen nach nicht so viel ausschauen auf dieser Impfkurve – es geht ja um die Masse! An jeder Ecke werden neue Impfungen an den Mann und erst recht die ja noch im Schnitt noch viel skeptischere Frau gebracht, beim Konzert, im Stephansdom. Bald vielleicht auch im Baumarkt. Von den Möglichkeiten, die ein McDrive bietet noch gar nicht zu reden! Hartgesottene Freiheitliche, die eben noch an den Lippen von Herbert Kickl hingen, hängen mit einem Mal in Hundertschaften an der Spritze, stellt man ihnen einen gratis Ölwechsel in Aussicht. Ganzheitlich geprägte Hobbyärztinnen mit einem Diplom in Heißluftmedikation werden reihenweise schwach, wenn sie die Impfung, die sie nicht wollen, bald auch im Nagelstudio kriegen können. 

Und überall im Land passieren gerade auch solche Sachen wie unlängst in Kohfidisch. So viele Arme mit Spritzen drin haben sich da dem „Glücksrad“ am Rande des wöchentlichen Bauermarktes entgegenstreckt, dass man erstens fast glauben konnte, man ist bei der Methadon-Ausgabe in der Pariser Banlieue und zweitens der Peter Rapp mit dem Verteilen der Hauptpreise kaum nachgekommen ist. Und dabei hatten sie ihm eh eine Zwanzigerpackung „Manner Schnittenbruch“ mitgegebenen für die braven Bekehrten, diese Lauser, die uns allen schon ein bissl Sorge bereitet haben, das müssen wir  zugeben! Aber jetzt sind sie ja endlich gescheiter geworden. Und: Es mag vielleicht nur einen Peter Rapp geben. Aber es gibt viele Kohfidischs, jawohl!

Überall und dauernd beweisen mittlerweile bis zu -zig Mitbürger täglich, dass „Grundkonsens“ für sie nicht nur eines unter vielen Worten ist, die sie weder schreiben und schon gar nicht verstehen können. Und vor allem: Sie tun dies mit so atemberaubender Geschwindigkeit, dass man ja fast gar nicht nachkommt mit dem Nachrechnen, wie ungeheuer knapp wir im Herbst die Impfquote verfehlen werden, die wir bräuchten. Also, das ist ja so knapp, wirklich! Ärgerlich. Es bräuchte es höchstens ein-, zweitausend Impflotterien – und schon hätten wir das herinnen. Und es kann auch jeder einzelne etwas tun: Jeder von uns kennt doch irgendjemanden, von dem er weiß, dass er ungeimpft ist. Warum nicht gleich hier ansetzen und ihm ganz unterschwellig einen Hunderter anbieten? Oder mehr, wenn man es sich leisten kann. Hier ist das Spendenwesen noch ausbaufähig, da muss also auch die Politik eingreifen.  Doskozil muss dafür sorgen, dass man das von der Steuer absetzen kann.

Und so schaffen wir das dann garantiert, mit der Herdenimmunität und den Intensivstationen und allem. Ohne, dass wir die Gesellschaft spalten. Also, wir nämlich. Die Geimpften. Wir müssen da nämlich sehr aufpassen. Und auch einmal solidarisch sein. Fest zusammenhalten, wir sitzen schließlich alle im selben Boot. Und wenn sich ein Viertel der Insassen für die Selbstversenkung entscheidet, müssen die anderen drei halt mit, das gebietet die Seemannsehre. Oder?

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort