Hinterlässt Werner Faymann einen Plan?

Christian Rainer: Pause in Pompeji

Christian Rainer: Im Abgang hat der Kanzler erstmals überrascht.

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Werner Faymann war kein Mann des ungeplanten Tuns. Seine Strategie hieß Berechnung, sein Plan war das Überleben. Erst als Schlusspunkt seiner Karriere erlaubte sich der Kanzler einen Moment der Überraschung – gegenüber der Öffentlichkeit, die anderes erwartet hatte; gegenüber jenen Medien, die stets für anderes bezahlt wurden; gegenüber einem engen Kreis, der längst nicht mehr der engste gewesen war.

Seine Abschiedsrede war ehrlicher als viele davor. Faymann sprach von den beiden großen Krisen, die es in seiner Amtszeit zu bewältigen galt. Die Wirtschaftskrise habe er ordentlich hinter sich gelassen; das war freilich nicht sein Verdienst, sondern jenes von Europa. Die Flüchtlingskrise habe er präzise ausgesteuert – freilich so, dass die Strategie zu einer Wende werden musste; sie kostete ihn am Ende den Job. „Wenn man den Rückhalt in der Partei nicht mehr hat, dann muss man gehen“, sagte der Kanzler. Wir werden noch erfahren, ob es Einsicht war, die ihn hier leitete, oder ob ihm die Schlinge zuvor von der Partei gereicht worden war.

Ein Kartenhaus ist im Vergleich dazu ein Stahlbetonbau – so sehe ich die innere Statik der Republik.

Wir sind nun in der heikelsten innenpolitischen Phase, die ich in 28 Jahren Journalismus erlebt habe. Wir stehen ohne Kanzler und ohne SP-Chef 13 Tage vor einer Präsidentschaftswahl, bei der ein fragwürdiger Kandidat einer fragwürdigen Partei, die nicht in der Regierung vertreten ist, die weitaus besten Chancen hat, Staatsoberhaupt zu werden. Es ist ein Kandidat, der meint, man werde sich „noch wundern, was ein Bundespräsident alles tun darf“. Entlassung der Regierung und Herbeiführung von Neuwahlen inklusive. Ein Kartenhaus ist im Vergleich dazu ein Stahlbetonbau – so sehe ich die innere Statik der Republik.

Wir dürfen in Kenntnis von Werner Faymann hoffen, dass er für seine dauerhafte Nachfolge als Parteichef und als Kanzler Vorbereitungen getroffen hat.

Die SPÖ wird bald einen neuen Obmann haben, wohl einen interimistischen. Wir dürfen in Kenntnis von Werner Faymann hoffen, dass er für seine dauerhafte Nachfolge als Parteichef und als Kanzler Vorbereitungen getroffen hat. Holt die SPÖ nun Christian Kern oder Gerhard Zeiler oder vielleicht doch Brigitte Ederer und nicht einen Apparatschik, dann wird die ÖVP mit dem Wechsel an der eigenen Spitze wohl nicht bis 2017 oder gar bis kurz vor der Wahl 2018 warten können – dann muss Sebastian Kurz ran, und wenn er in Handschellen in die VP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse gebracht werden muss. Was ändert sich für Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen? Wohl wenig. Vielleicht schadet es Hofer minimal, dass sein Feindbild nun abgehängt wurde.

Gehen wir unruhigen Zeiten entgegen, sind wir vielleicht schon mittendrin? Aber nein! Wir machen gemütlich Jausenpause – in Pompeji.