Elfriede Hammerl: Single-Vater

… oder: Was hat der Feminismus aus den Frauen gemacht?

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Mit Ende 50 wurde Max noch einmal Vater, aus den bekannten Gründen: seine Zweitfrau drängte auf Familiengründung, und er hatte herausgefunden, dass das Heranwachsen seiner Erstkinder irgendwie an ihm vorbeigegangen war. Deshalb: neues Spiel, neues Glück, diesmal mit bewusster Vaterschaft. (Die ersten Kinder vernahmen es mit süßsaurer Miene, aber das ist eine andere Geschichte.) Nicht lang danach kam Max allerdings die zum Kind gehörige Mutter abhanden, die ihre verlorene Jugend nachholen wollte, wobei er störte. Jetzt hat Max einen Sohn im Volksschulalter, der ziemlich häufig bei ihm geparkt wird, was okay ist. Nicht okay findet Max jedoch den brutalen Egoismus der heutigen Frauen, und damit meint er nicht nur seine zweite Ex, sondern die Frauen insgesamt.

Zunächst, nach der Scheidung, sah er wenig Probleme voraus. Ihm schwebte vor, dass junge Weibspersonen darum wetteifern würden, mit ihm und seinem kleinen Sohn durch den Tiergarten zu streifen, lustige Animationsfilme anzuschauen und vor dem Schlafengehen lehrreiche Brettspiele zu spielen.

Wie sich jedoch herausstellte, waren die jungen Frauen dem Tiergarten und Ice Age entwachsen. Sie wollten abends um die Häuser ziehen und reagierten total lustlos auf das Angebot, mit ihm zusammen kindgerechte Feinschmeckermenüs zu komponieren. (Dabei wäre er bereit gewesen, extra in einen Kochkurs zu gehen.)

Danach setzte Max auf nicht mehr ganz so junge Single-Mütter, die, so malte er sich aus, dankbar sein würden für ein harmonisches Familienleben. Enttäuschenderweise waren die Kinder der Single-Mütter undankbar, störrisch und nicht bereit, auf die Wünsche seines Sohnes einzugehen, und die Mütter blieben im Endeffekt lieber single, als einen größeren Haushalt zu versorgen. (Den Kochkurs hatte Max storniert, schließlich war von gestandenen Familienmanagerinnen zu erwarten gewesen, dass sie Mahlzeiten ohne seine Assistenz herstellen konnten.)

Die reiferen Semester lebten ihre Mütterlichkeit entweder in Machtkämpfen mit pubertierenden Monstern aus eigener Produktion aus oder sie waren total unmütterlich (...)

Hinterher fragte sich Max, wieso er überhaupt auf die Idee verfallen war, frustrierte Alleinerzieherinnen mit ihren anstrengenden Bälgern in Betracht zu ziehen. Weiß doch jeder, dass Frauen mit kleinen Kindern nicht gerade ein Renner sind auf dem Partnerschaftsmarkt, und das mit gutem Grund.

Max warf also ein Auge auf – na ja, nicht gerade Altersgenossinnen, aber doch auf deutlich reifere Semester, abgeklärte Frauen seiner Vorstellung nach, womöglich mit einer kleinen Sehnsucht im Herzen, ihre Mütterlichkeit ausleben zu dürfen. Fehlanzeige. Die reiferen Semester lebten ihre Mütterlichkeit entweder in Machtkämpfen mit pubertierenden Monstern aus eigener Produktion aus oder sie waren total unmütterlich – die einen, weil sie die Kinderaufzucht hinter sich hatten, die anderen aus Überzeugung.

Auch diese Frauen lehnten kindgerechte Unternehmungen am Wochenende ab, verweigerten den Besuch von Fast-Food-Lokalen und gaben vor, keine Ahnung zu haben, wie man Colaflecken aus weißen T-Shirts entfernt.

Stattdessen wollten sie ungestört über Politik debattieren, bergsteigen, Theaterstücke sehen, die nicht nur seinem Sohn zu wenig unterhaltsam waren, und übers Wochenende nach London jetten.

Eine potenzielle Interessentin – nach ihrem Foto in der Internet-Partnerbörse hatte Max auf eine warmherzige, sozial verträgliche Person geschlossen – sagte ihm unverblümt: „Ich habe 20 Jahre meines Lebens damit zugebracht, mich für Musik zu interessieren, die mich nicht interessiert, und demnächst werde ich mit meinen Enkelkindern Hänschen klein singen müssen – dieses kurze Zeitfenster jetzt will ich nützen, um in Kammermusikkonzerte zu pilgern, so oft es geht!“

Schon sah Max sich mit Zweitsohn und erster Ex beim Ponyreiten ...

Das alles hat Max insgesamt doch ein wenig verstört. Er versteht einfach nicht, wie man seinen Sonntag irgendwelchen Festspielen opfert, für die man noch dazu quer durch Österreich fahren muss, wenn man die Chance hätte, an Spielplätzen bei nahen Ausflugsgasthöfen fröhliches Kinderlachen zu ernten.

Und er fragt sich, was in all diesen Frauen vorgeht. Wo bleibt ihr weiblicher Instinkt? Sollten sie nicht hormonell auf was anderes programmiert sein als auf das gnadenloses Verfolgen der eigenen Interessen? Wie kommt es, dass ihre weiblichen Anteile so verschüttet sind?

Diese und andere Fragen hätte Max gern bei einem Glas Wein mit seiner ersten Ex besprochen, einer lebenserfahrenen Frau, die es auch nicht ganz leicht gehabt hatte nach der Scheidung. Weit hinten in seinem Hinterkopf keimte dabei die kleine Hoffnung, dass in ihr, wenn er sein jüngstes Kind mitbrachte, beim Anblick des charmanten kleinen Kerls vielleicht so was wie, na ja, Großmuttergefühle erwachen würden.

Schon sah er sich mit Zweitsohn und erster Ex beim Ponyreiten, da erlebte er eine böse Überraschung. Die erste Ex eröffnete ihm, dass sie mitten in Reisevorbereitungen stecke. Franz und sie wollten nach Vietnam. (Franz entpuppte sich als pensionierter Physiklehrer, den die erste Ex als ihren Freund bezeichnete.)

Jetzt schreibt Max an einem Buch. Arbeitstitel: Was hat der Feminismus aus den Frauen gemacht?