Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Der Flugbegleiter

Der Flugbegleiter

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In keinem anderen Land der Welt wäre so etwas möglich gewesen. Also zumindest in keinem, das über einen zivilisatorischen Mindestmaßstab und ein funktionierendes Gemeinwesen verfügte, wie Gernot Rumpold sich das vorstellte. Also weder in Weißrussland noch in Turkmenistan und schon überhaupt nicht in Simbabwe. Dort wusste man es nämlich noch zu schätzen, wenn sich jemand ums Gemeinwohl verdient gemacht hatte. Und honorierte das auch entsprechend. Aber bei uns? Fehlanzeige.

Langsam war das, was sich da abspielte, diese unglaubliche Hetze der sattsam bekannten Jagdgesellschaft, einem hoch anständigen Mitglied der Gesellschaft, das immer zuerst an das große Ganze gedacht hatte, dann lange, lange, lange an nichts und erst ganz am Schluss vielleicht auch ein fuzelkleines bisschen an sich selbst, nicht mehr zuzumuten. Ja, mittlerweile durfte sich Gernot Rumpold, hoch professioneller und selbstverständlich ausschließlich aus diesem Grund eben auch hoch bezahlter Kommunikationsprofi, mit allem Recht der Welt als zumindest zweitverfolgteste Unschuld des Landes fühlen – nach Karl-Heinz Grasser.

Da war einmal dieser unselige Telekom-Schauprozess, in dem man ihn wegen einer Pimperl-Rechnung über lächerliche 600.000 Euro vor den feixenden Mob zerrte. Dabei hatte Gernot dafür vier ausgesprochen schmucke Konzepte geliefert, an denen ein neuer Mittelschüler gemeinsam mit Google sicher eine ganze Nacht lang schuften hätte müssen, um sie in vergleichbarer Brillanz hinzubekommen. Wie konnte ein einigermaßen vernunftbegabter Mensch auch nur eine Sekunde lang denken, diese sauer verdienten 600.000 seien in Wirklichkeit Bestechungsgeld gewesen und hätten irgendwas mit den 764.000 Euro an Schulden, die Rumpold wenig später der FPÖ erlassen hatte, zu tun?

Gut, das Geständnis, das dieser geistig umnachtete Rudolf Fischer, der Ex-Vorstand der Telekom, abgelegt hatte, war natürlich auf dem Weg zum blitzsauberen Freispruch ein wenig hinderlich. Dass der einfach so behauptete, er habe die Kohle nur deshalb über den Tisch geschoben, weil ihn Jörg Haider so lieb darum gebeten habe, konnte nur einen Grund haben: Folter! Man wusste ja schließlich, mit welcher Kälte und Skrupellosigkeit die politisch gesteuerte Justiz gerade gegen gerade Micheln vorging. Rumpold, den man früher in völliger Verkennung seiner ausgeprägten Sensibilität gerne „Jörg Haiders Mann fürs Grobe“ genannt hatte, schauderte ob der Vorstellung, was man dem armen Mann angetan haben mochte. Möglicherweise hatte man seine Fußsohlen mit einer Straußenfeder malträtiert. Oder ihm sogar eines von Gernots Konzepten vorgelesen.

Und als ob die Telekom-Geschichte nicht schon schrecklich genug gewesen wäre, wärmte man jetzt sogar die alten, längst vergessenen Eurofighter-Kamellen wieder auf. Und behauptete tatsächlich wieder einmal, jene 6,6 Millionen Euro, die Gernot damals dafür in Rechnung gestellt hatte, dass er den Österreichern vor Augen geführt hatte, was für ein ungeheuer praktisches und auch sympathisches Fluggerät sie da erwerben durften, seien doch etwas überhalten gewesen. Und hätten möglicherweise demselben Zweck gedient wie die 600.000 von der Telekom.

Dabei hatte doch die Staatsanwaltschaft in einem seltenen lichten Moment schon ausdrücklich festgestellt, dass „mangels konkreter Hinweise, dass Teile des Werbeetats zur Beeinflussung der Typenentscheidung verwendet worden sind“ – und das Verfahren eingestellt, ohne Rumpold überhaupt zu vernehmen. So stellte sich Gernot den Rechtsstaat vor. Und so wäre das schließlich auch in Weißrussland, Turkmenistan und Simbabwe abgelaufen. Dort allerdings wäre der Ermittlungsakt nachher nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Und dort hätte auch nicht irgendein komischer Rechtsschutzbeauftragter im Justizministerium davon gebrabbelt, was sich rund um die Eurofighter-Ermittlungen abgespielt habe, sei eine „unerträgliche Fehlentscheidung“ gewesen.

Dass man überhaupt annehmen konnte, eine von ihm organisierte Pressekonferenz sei nicht jeden einzelnen Cent der 96.000 Euro wert, die er dafür kassiert hatte – das warf wahrlich kein gutes Licht auf den Kollektivcharakter der Neidgenossenschaft Österreich. Schließlich hätte schon allein ein Blick in seinen Lebenslauf ausreichen müssen, um selbst den letzten Skeptiker zu überzeugen. Nur ein einziger anderer prominenter Österreicher neben Gernot Rumpold hatte es geschafft, die beinharte Ausbildung an der heimischen Eliteschmiede schlechthin zu überstehen. Nur ein einziger anderer hatte bewiesen, wozu ein im Boot-Camp der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt Pinkafeld zum Ritter der Heizungstechnik Geschlagener fähig war: Walter Meischberger.

Geteiltes Leid war ja bekanntlich halbes Leid. Gernot musste sich jetzt dringend wieder einmal eingehend mit dem Walter unterhalten. Ein paar unschöne Erfahrungen austauschen.

Aber: besser nicht am Telefon.

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