Kolumne

Was spricht eigentlich gegen Steuern für „Superreiche“?

In Österreich wird wieder einmal leidenschaftlich über neue Steuern diskutiert. Dabei gibt es eine Reihe von Gründen für ein kategorisches Nein zu neuen Belastungen.

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In einem Land, in dem so gut wie alles der Steuerpflicht unterliegt, ist es kaum zu verstehen, dass einzig Geschenktes weitgehend steuerfrei bleibt. Das sehen nicht nur Linke so. Selbst liberale Ökonomen argumentierten immer wieder leidenschaftlich für eine Erbschaftssteuer. John Stuart Mill sah darin eine Möglichkeit, die Zufälligkeiten der Geburt zu korrigieren. Nobelpreisträger James Buchanan hielt sogar eine 100 Prozent hohe Steuer auf Erbschaften und Schenkungen für angemessen. Damit würden nach jeder Generation die Karten neu gemischt – und das sei ganz im Sinne einer Volkswirtschaft, denn nur so könne der Leistungsgedanke hochgehalten werden. Andernfalls würden talentierte Erben früher oder später den Verlockungen des wohlbestallten Müßigganges erliegen, statt Innovationen voranzutreiben und ihrem unternehmerischen Geist freien Lauf zu lassen.

Vermögens- und Erbschaftssteuern brauche es aber auch, um den Faktor Arbeit entlasten zu können, wie plötzlich auch von links zu hören ist. Gut betuchte Erben und „Superreiche“ sollten zur Kasse gebeten werden, damit schwer schuftenden Arbeitnehmern netto mehr übrig bleibt. Oder um es in den Worten von SPÖ-Chef Andreas Babler zu sagen: 98 Prozent der Bürger würden künftig weniger Steuern bezahlen, wenn die restlichen zwei Prozent ihren fairen Anteil leisten. Besteuert würden nur Erbschaften und Vermögen von über einer Million Euro. Eine Debatte darüber, wie die richtige Balance zwischen einer leistungsfreundlichen Besteuerung und einem angemessenen sozialen Ausgleich aussehen könnte, wäre längst überfällig. Das Problem dabei: Wir leben in Österreich. Und damit in einem Land, in dem es nur ein entschlossenes Nein zu neuen Steuern geben kann.

Diesem Staat fehlt es nicht an Geld, diesem Staat fehlt es an Reformeifer und Innovationskraft.

Erstens haben wir es mit einem Staat zu tun, der vor dem Ertrinken im sprudelnden Steuergeld gerettet werden muss. Während Unternehmen und Beschäftigte unter den hohen Kosten der Teuerung leiden, wird der Staat als größter Inflationsprofiteur mit 236 Milliarden Euro einen neuen Einnahmenrekord erzielen. Diesem Staat fehlt es nicht an Geld, diesem Staat fehlt es an Reformeifer und Innovationskraft. Zwar sind sich (fast) alle Experten einig, dass die Belastung des Faktors Arbeit spürbar sinken muss. Unglücklicherweise wird hierzulande aber jede Entlastungsdebatte spätestens nach fünf Minuten von der Frage verdrängt, mit welcher neuen Steuer die Einnahmenausfälle zu kompensieren wären. Genau das ist der Grund, warum Österreich ein Höchststeuerland ist. Neue Steuern werden verlässlich eingeführt, während die Entlastungen auf der Strecke bleiben. Hinter irgendeiner Ecke lauert schließlich immer eine neue Krise, die nach höheren Staatseinnahmen ruft.

Zweitens haben wir es mit einem Staat zu tun, dessen Regierungen seit 1955 einen einzigen Überschuss im Bundeshaushalt zustande gebracht haben. Einen! Wer will einer derart ausgabensüchtigen Politik glauben, dass sie die zusätzlichen Einnahmen aus Substanzsteuern nicht wieder für eine vermeintlich wichtige Sache ausgeben, sondern damit den Faktor Arbeit wie versprochen entlasten würde? Zumal die Gelder aus den „Reichensteuern“ in den vergangenen Jahren gleich mehrfach verplant wurden: für die Pflege betagter Bürger, für den Ausbau der Kinderbetreuung, die Verbesserung der Situation an notleidenden Schulen und vieles andere mehr. Die SPÖ liefert auch gleich den Beweis: Zwei Fünftel der erwarteten Einnahmen würden für Steuersenkungen verwendet, der Rest für neue Ausgaben.

Drittens haben wir es mit einem Staat zu tun, der die Menschen mit dem Schmäh der Millionärssteuer gezielt hinters Licht führt. Schon Werner Faymann hat vor über 15 Jahren für die „Millionärssteuer“ geworben. Die damalige Million ist aufgrund der Inflation mittlerweile nur noch 670.000 Euro wert. Womit klar ist, dass die angedachten Substanzsteuern spätestens in zehn bis 20 Jahren breite Mittelstandssteuern werden. Warum man diese Information verheimlicht? Weil die Zustimmung in der Bevölkerung gegen null sinken würde, wenn sie merkt, dass so gut wie jeder Hausbesitzer betroffen wäre. Deshalb sollen Häuslbauer neuerdings auch nicht mehr besteuert werden, sondern nur noch die „Superreichen“. Wie das ausgeht, konnte man zuletzt in Frankreich und Norwegen live verfolgen. Das Kapital ergreift die Flucht.

Bevor wir also eine Debatte über Vermögens- und Erbschaftssteuern starten, ist der Staat in die Pflicht zu nehmen. Etwa damit, dass die öffentlichen Ausgaben per Verfassung auf 48 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung beschränkt werden. Damit endlich die unzähligen Löcher gestopft werden, durch die das Steuergeld nur so durchrinnt. Denn niemand ist bereit, immer mehr Steuergeld in ein sündteures System zu schütten, das nur noch höchst durchschnittliche Leistungen bietet. Wenn das erreicht ist, ist die Zeit gekommen, ausführlich darüber zu diskutieren, wie die richtige Balance zwischen einer leistungsfreundlichen Besteuerung und einem angemessenen sozialen Ausgleich aussehen könnte. Aber nicht vorher.