Ein ganz normaler Abend im Hause Gudenus

Rainer Nikowitz: Eine schrecklich nette Familie

Eine schrecklich nette Familie

Drucken

Schriftgröße

Junior: Aber Vater! Wie schaust denn aus? Du bist ja völlig durch den Wind! Wie nach einer Nacht im Schützengraben.
Senior: Jetzt isses mir schon wieder passiert!

Junior: Nicht sag!
Senior: Oh doch! Diesmal in der U-Bahn.

Junior: Widerlich! Diese Homosexuellenlobby schreckt vor nix zurück.
Senior: Es waren wahnsinnig viele Leut in dem Waggon und ich hab stehen müssen …

Junior: Ein klares Versagen des verrotteten links-grünen Rathauses!
Senior: … und ich hab mir schon wie er eingstiegen ist gedacht, dass er mich so lüstern anschaut.

Junior: Es ist halt leider manchmal wirklich ein Fluch, wenn einen die reinen Gene zur Krone der Schöpfung gemacht haben.
Senior: Und dann hat er sich in dem Gedränge hinter mich gequetscht … und dann hab ich’s gspürt!

Junior: Gspürt? Heiliges Kanonenrohr!
Senior: Das kannst laut sagen! Aber heilig war es nicht.

Junior: Mir dreht’s den Magen um!
Senior: Ich hab mich dann umgedreht und zu ihm gsagt: Sie! An meinen Hintern lass ich nur Wasser und Hämorrhoidencreme! Hat er groß gschaut und so getan, als würd er mich nicht verstehen.

Junior: War’s vielleicht ein Türk? Manchen von denen reicht’s ja nicht, ein Türk zu sein. Also integrationsresistent, kriminell und arbeitslos. Nein, die müssen unbedingt einen draufsetzen und schwul auch noch werden.
Senior: Er war blond und blauäugig.

Junior: Jetzt tarnen sich die Schweine auch noch! Mit diesen Umtrieben muss ein- für allemal aufgeräumt werden! Da ghört ein Stahlgewitter her, das die ganzen Perversen wegfegt! Wie kommt man als anständiger Mann dazu?
Senior: Also, wenn es im Dritten Reich Gaskammern gegeben hätte … Hat es ja aber bekanntlich nicht. Die waren ja alle in Polen. Vielleicht, weil dort besonders viele von denen herumgrennt sind.

Junior: Wahrscheinlich immer noch! Darum überlegt ja der Putin, ob er einmarschieren soll. Also, darum und weil er aufgrund der Aggressionspolitik von EU und Ostküste praktisch dazu gezwungen wird.
Senior: Na ja, das ist zwar irgendwo verständlich … Aber dass du so mit dem Russen fraternisierst, Sohn – i weiß net, ob mir das recht is. Da bin i ein bisserl altmodisch.

Junior: Man muss aus der Geschichte lernen, Vater.
Senior: Seit wann?

Junior: Nein, nicht aus DER Geschichte. Aber grad, was den Osten betrifft, müss ma umdenken. Der Putin, der Orban – die sind scho dort, wo wir hinwollen. Von denen kömma uns was abschauen.
Senior: Gott sei Dank! Jetzt hab i scho kurz geglaubt, mir bleibt das Herz stehen, weil die Umerziehung bei dir auch schon gwirkt hat. Und dass du vielleicht jetzt auch dafür bist, dass ma den armen Kampl Sigi aus der Partei ausschließt, nur, weil er gsagt hat, was gsagt ghört.

Junior: Aber was muss er’s denn auch so laut sagen?
Senior: Und hast das ghört von den burgenländischen Schwarzen? Die da im Keller ein paar … Sachen gehabt haben?

Junior: Ja. Bei denen hat die Jagdgesellschaft auch zugschlagen.
Senior: Glaubst du, wir könnten die fragen, ob …

Junior: … sie zu uns kommen wollen? Na ja, ideologische Tiefwurzler kömma natürlich immer brauchen. Aber bei dem ganzen Aufsehen jetzt …
Senior: Nein, i hab gmeint, ob man die nicht fragen könnt, ob sie das alles jetzt no brauchen. Meinem, äh … , Herrgottswinkel im Keller täten ein paar neue Exponate net schaden.

Junior: Pscht!
Senior: Was is denn?

Junior: Hast du das grad auch ghört?
Senior: Was denn?

Junior: Dieses komische Geräusch … War das mei Handy?
Senior: Verdammt! NSA, CIA? KAC, ABGB? Oder die Außerirdischen, die schon lang auf der dunklen Seite des Mondes warten, bis sie zuschlagen können? Das hamma gleich!

Junior: Nein, Vater! Nicht! Na geh. Des is schon des vierte in dem Monat, des du mir zertrittst.
Senior: Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen.

Junior: Aber das Geräusch hat doch nur angezeigt, dass ich ein SMS gekriegt hab!
Senior: Das is alles viel zu unsicher. Wir sollten zu einem bewährten System zurückkehren: zur Feldpost.

Junior: Eine Zeit lang hamma den Vilimsky als Boten verwendet. Das war praktisch, weil da hat er immer auch gleich Wurschtsemmeln mitnehmen können. Aber der is ja jetzt beim Satan. In Brüssel.
Senior: Es ghört schon eine Menge Mut dazu, hinter den feindlichen Linien zu operieren.

Junior: Oder was anderes.
Senior: Na ja. Sag, was gibt’s denn heut zum Abendessen?

Junior: I weiß net. Hoffentlich was Warmes.
Senior: Das ist nicht lustig.

[email protected]

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort