
Warum kein Weg am längeren Arbeiten vorbeiführt
Budgets stark belastet. Eine wachsende Zinslast, die demografische Alterung und die rezessive Wirtschaftsentwicklung verschärfen die Lage zusätzlich. Als Reaktion darauf wurde mit dem neuen Regierungsprogramm ein Konsolidierungspaket vorgestellt. In einer aktuellen Einschätzung hat aber das Büro des Fiskalrats dargelegt, dass wir aufgrund höherer Staatsausgaben sowie des schlechteren wirtschaftlichen Umfelds eine weitere Erhöhung des Defizits erwarten müssen. In keinem OECD-Land sind die öffentlichen Sozialausgaben derzeit höher als in Österreich. Gleichzeitig werden die mit rund 15 Prozent des BIP im internationalen Vergleich ohnehin hohen Pensionsausgaben wegen der demografischen Entwicklung und der Pensionsantritte der Babyboomer-Generation künftig noch zunehmen.
Das Regierungsprogramm sieht Maßnahmen zur Dämpfung der Pensionsausgaben vor, die gemeinsam mit einem Älterenbeschäftigungspaket in den Jahren 2028 und 2031 dann 1,45 beziehungsweise 2,9 Milliarden Euro an Einsparungen erzielen sollen. Zum Vergleich: Ein um ein Jahr späterer Pensionsantritt würde die Auszahlungen um rund 3,5 bis vier Milliarden Euro reduzieren, eine Pensionserhöhung um ein Prozent kostet hingegen rund 700 Millionen Euro pro Jahr.
Eine Maßnahme des Regierungsprogramms besteht darin, den Zugang zur Korridorpension zu erschweren, indem das Mindestantrittsalter von 62 auf 63 Jahre und die erforderlichen Versicherungsjahre von 40 auf 42 erhöht werden. Empirische Analysen sowie erste Erfahrungen mit der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters von Frauen zeigen, dass strengere Zugangsregelungen tatsächlich einen wesentlichen Einfluss auf den Pensionsantritt und die Beschäftigung haben. Die geplante Verschärfung bei der Korridorpension kann die Ausgaben kurzfristig reduzieren. Langfristig sind die Auswirkungen aber äußerst begrenzt. Weil ein späterer Antritt aufgrund der geringeren versicherungsmathematischen Abschläge mit einer höheren Pension verbunden ist, werden die finanziellen Effekte großteils kompensiert. Fraglich ist auch, warum strengere Zugangsbedingungen ausschließlich bei der Korridorpension und nicht auch bei Schwerarbeits- beziehungsweise Langzeitversicherungspension, bei denen spürbar geringere Abschläge anfallen, vorgesehen sind.
Die Ankündigungen sind zwar ein Schritt in Richtung Konsolidierung, lösen aber weder die aktuellen budgetären Probleme noch die grundlegende Herausforderung der langfristigen Tragfähigkeit unseres Pensionssystems.
Weiters soll ein sogenannter Nachhaltigkeitsmechanismus eingeführt werden, der verpflichtend Maßnahmen vorsieht, wenn noch zu bestimmende Ziele verfehlt werden. Hier soll jedoch wiederum – ab 2035 – nur die Korridorpension angepasst werden. Weitere Maßnahmen sind erst zu einem noch späteren Zeitpunkt vorgesehen.
Wenn gleichzeitig Erwerbseinkommen und Pensionsbezug vorliegen, ist die Abgabenbelastung der Erwerbseinkommen nach aktueller Rechtslage hoch, weil beide gemeinsam die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer bilden. Das schränkt aber Arbeitsanreize ein. Die vorgesehene Reduktion dieser Belastung ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Selbst wenn davon gesamtwirtschaftlich betrachtet nur moderate Beschäftigungseffekte ausgehen, kann es für die Unternehmen hilfreich sein, weiterhin auf Wissen und Erfahrung dieser Personen zurückzugreifen.
Wichtig ist nun, wie die Überschriften aus dem Regierungsprogramm in konkrete Gesetzestexte gegossen werden. Die Ankündigungen sind zwar ein Schritt in Richtung Konsolidierung, lösen aber weder die aktuellen budgetären Probleme noch die grundlegende Herausforderung der langfristigen Tragfähigkeit unseres Pensionssystems. Für eine nachhaltige Sicherung unseres Pensionssystems wäre ein höheres gesetzliches Antrittsalter deutlich wirkungsvoller. Eine Möglichkeit besteht darin, es an die steigende Lebenserwartung zu koppeln – wie das viele andere OECD-Länder wie Dänemark oder Finnland schon vor Jahren getan haben.
Zur Person
Johannes Berger ist Wirtschaftsmathematiker und am Forschungsinstitut EcoAustria tätig. Er forscht verstärkt zu den Themen Pensionen, Arbeitsmarkt und öffentliche Ausgaben.