Sven Gächter

Sven Gächter Mediamarkt

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Bei der traditionellen Opernball-Übertragung des ORF gibt es nicht wenige Momente, in denen man sich unwillkürlich wünscht, die Herren Stermann und Grissemann würden als Kommentatoren im Off ihr ätzendes Nachtwerk verrichten. Die stille Sehnsucht nach bildbegleitender Subversion ist jedoch unangebracht, denn immerhin gibt es die Herren Hohenlohe und Wagner-Trenkwitz. Sie beplaudern das hochtoupierte Festgeschehen schon viel zu lange, um noch den hohlen Eindruck vorzutäuschen, sie nähmen es auch nur eine Sekunde lang ernst. Das unterscheidet sie denkbar wohltuend von allen, ausnahmslos allen anderen Beteiligten, die permanent an der Grenze zur Hyperventilation entlangschrammen. Wenn die beiden Kabinentäter das verblasene Plakatsujet interpretieren („Walross im Opiumrausch“), über die blaublütige Hautevolee frotzeln („Das ist er, der Hochadel: keiner unter zwei Metern!“) oder den ostentativ gelangweilten Lugner-Mietaufputz Kim Kardashian lakonisch aufs Korn nehmen („So sieht wahre Begeisterung aus.“), dann wird das heillos exaltierte Paralleluniversum in der Staatsoper kurz zur Kenntlichkeit entstellt. Aber leider nur ganz kurz, denn schon schieben sich wieder Mirjam Weichselbraun und Alfons Haider ins Bild, die das Genre Smalltalk souverän in bislang kaum erforschte Untiefen manövrieren, und Barbara Rett glüht vor schierer Ergriffenheit angesichts der geballten Kunst- und Kulturprominenz, die sich bereitwillig um ihr Mikrophon schart. Alles Walzer? Alles Schall und Rausch.

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