Peter Michael Lingens

Peter Michael Lingens Baustelle Homo-Ehe

Baustelle Homo-Ehe

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Der Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat zugesichert, dass es das Gesetz „zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“ bis Ende dieses Jahres „ganz sicher geben wird“. Im katholischen Spanien, wo ich diesen Kommentar schreibe, gibt es dieses Gesetz seit Längerem, und es ist schon fast kein „Aufreger“ mehr, obwohl es die Homo-Ehe der traditionellen Ehe vollkommen gleichstellt: Sie wird wie jede andere am Standesamt geschlossen, beinhaltet die gleichen Rechte und Pflichten und erlaubt sogar das Adoptieren von Kindern.
Anfangs war in den Klatschspalten noch ausführlich über die ersten Homo-Ehen zu lesen – mittlerweile haben die Hochzeiten von Popstars und Prominenten sie längst wieder daraus verdrängt.

Der (Um-)Weg zu dieser Akzeptanz war ein erstaunlicher: Ursprünglich gab es in der Bevölkerung eine klare Mehrheit gegen die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen mit der traditionellen Ehe – bis die katholische Kirche eine wütende Kampagne gegen die entsprechende Initiative der Sozialdemokraten entfachte. Wenige Tage später hatte sich die Stimmung in den Meinungsumfragen gedreht: zu einer Mehrheit für die Homo-Ehe.
Die Franco-geschädigten Spanier reagieren allergisch auf jeden Versuch der Kirche, auf Gesetze Einfluss zu nehmen.

Österreich ist anders: Die ÖVP stößt nicht auf wütende Abwehr, wenn sie zumindest einen Rest katholischer Ehe-Sicht zu wahren sucht. Selbst ihr Nichtmitglied Ban­dion-Ortner verspricht, dass die „gleichgeschlechtliche Partnerschaft“ sicher „keine Ehe und auch keine Ehe light“ wird.
Ob sie am Standesamt geschlossen werden soll, soll dagegen „nicht die prioritäre Frage“ sein.

Die großen Emotionen, die dennoch mit ihr verbunden sind, könnten freilich damit zusammenhängen, dass die Zeremonie am Standesamt letztlich der einzige substanzielle Unterschied zwischen der „eingetragenen Partnerschaft“ und der traditionellen Ehe sein wird. Denn für die gleichgeschlechtlichen „Partner“ wird zweifellos dasselbe Erb- oder Schenkungsrecht wie für hetero­sexuelle Eheleute gelten müssen, sie werden die gleiche wirtschaftliche Verantwortung füreinander tragen müssen, und es werden ihnen die gleichen Informationen über einander zustehen.

Sonst hätten diese „Partnerschaften“ ja nicht einmal den Sinn, der ihnen selbst von konservativen Kritikern zugestanden wird: dass sie nämlich die Beziehungen Homosexueller zueinander weniger promisk und entsprechend stabiler und verantwortungsbewusster gestalten. Steuerlich genießen Ehepaare, wenn sie keine Kinder haben, ohnehin keine Bevorzugung mehr, wenn man davon absieht, dass derjenige, der die Familie alleine erhält, einen Steuerabsetzbetrag geltend machen kann. Aber eben den wird man wohl auch einem homosexuellen Alleinerhalter zugestehen müssen, wenn er nicht diskriminiert werden soll. In Wirklichkeit ist es vermutlich gar nicht mehr mit EU-Recht vereinbar, die gleichgeschlechtliche Partnerschaft rechtlich sehr viel anders als die traditionelle Ehe auszustatten, weil das der Diskriminierung einer sexuellen Orientierung zu nahe käme.

Der einzig wesentliche Unterschied wird im Recht der Adoption von Kindern bestehen, das Österreich gleichgeschlechtlichen Paaren, im Gegensatz zu Schweden oder Spanien, auf keinen Fall zugestehen will – und das von den Betroffenen entsprechend emotional urgiert wird. Ich gestehe, dass ich auch meine Probleme mit der Adoption hätte. Konkreter, und damit Sie es als Leser auch für sich selbst entscheiden können: Gäben Sie als Richter, der über eine Adoption zu entscheiden hat, ein Kind genauso gerne in die Obsorge eines gleichgeschlechtlichen wie eines heterosexuellen Paares?
Ich nicht. (Obwohl ich mehrere reizende schwule Paare kenne – die freilich selten länger als sechs Monate zusammengeblieben sind.)

Vielleicht ist alles, was ich über die Entwicklung von Kindern bisher gehört habe, falsch: dass Buben sich an ihren Vätern orientieren und an ihren Müttern die Beziehung zu Frauen erfahren oder dass Mädchen sich an ihren Müttern orientieren und an ihren Vätern die Beziehung zu Männern erfahren.

Zahllose Kinder alleinerziehender Mütter kommen ­bekanntlich auch durchs Leben, obwohl ihnen eine dieser Erfahrungen und Orientierungen fehlt.
Aber ich bin auch in diesem Zusammenhang so reaktionär, das Aufwachsen mit Vater und Mutter für die glück­lichere Konstellation zu halten. Und selbst wenn das nicht so sein sollte, gerät ein Kind, das von zwei Vätern oder zwei Müttern aufgezogen wird, in eine Außenseiterrolle, die bei seinen Spielkameraden im günstigsten Fall Verwunderung, im ungünstigen Fall Spott hervorruft. Dem wollte ich es nicht aussetzen.

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