Peter Michael Lingens

Peter Michael Lingens Endlich die Banken zähmen!

Endlich die Banken zähmen!

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Zum Zeitpunk meines Redaktionsschlusses am vergangenen Freitag ist nur eines sicher: Das griechische Referendum ist vom Tisch. Offen ist, ob Giorgos Papandreou das Misstrauensvotum übersteht. Er hat hoch gepokert und verloren – das Referendum, das seine innenpolitische Stellung stärken sollte, hat sie unterminiert.

Merkel & Sarkozy haben erneut Führungsstärke bewiesen: Dass sie die bereits bewilligte 8-Milliarden-Tranche bis zur Annahme ihres Angebots einbehielten, hat zweifellos wesentlich dazu beigetragen, dass die griechischen Genossen ihrem Regierungschef zuletzt reihenweise die Gefolgschaft versagten. Er musste erkennen, dass er das Misstrauensvotum sicher nicht überstehen würde, wenn er das Referendum nicht absagt, und er musste sich bereit erklären, die konservative Opposition mit ins Boot zu nehmen.

Diese wird unverändert auf Neuwahlen pochen, weil sie hofft, dabei die Mehrheit zu erringen. Doch auch dann wird es meines Erachtens zur „großen Koalition“ kommen. So ineffizient sie in normalen Zeiten funktioniert, so unverzichtbar ist sie in Zeiten des Staatsnotstands: Papandreou konnte harte Sparmaßnahmen nicht erfolgreich gegen die Obstruktion der Konservativen durchsetzen – diese könnten sie nicht erfolgreich gegen den Widerstand der Sozialisten verwirklichen.
Im Idealfall formten beide schon jetzt – ohne Neuwahlen – ein Kabinett der Fachleute, so werden sie es hoffentlich nach den Neuwahlen tun.
Dann glaubt auch die Bevölkerung an die Regierung.

Denn dass diese durch die Einbindung der Konservativen automatisch fähiger geworden ist, ist durchaus fraglich: Es war die konservative ND, die Griechenland in ihrer Regierungszeit durch aberwitzige Rüstungskäufe, Misswirtschaft, Korruption und den protektionistischen Schutz vor jeglichem Wettbewerb in die Lage gebracht hat, in der es sich jetzt befindet, und die seinen Schuldenstand am Ende mittels gefälschter Budgets vor der EU verbarg.

Merkel & Sarkozy haben also allen Grund, griechische Zahlenangaben auch in Zukunft mit größter Sorgfalt zu ­prüfen. Ich bin zuversichtlich, dass sie auch jedes Ansinnen einer neuen Regierung auf eine „Neuverhandlung“ – „Milderung“ des Reformpakets – weiterhin zurückweisen ­werden.
Die Eurozone hat in dieser Auseinandersetzung an ­Autorität gewonnen. Das könnte das absurde Intermezzo historisch irgendwann als Glücksfall erscheinen lassen. Der Euro scheint noch einmal davongekommen zu sein.

Trotzdem muss man sich endlich grundsätzlich mit dem Ausscheiden eines ungeeigneten Mitglieds aus der Euro­zone auseinandersetzen: Es muss nicht nur Regeln für seinen Rückzug, sondern auch für seinen Ausschluss geben.
Denn es geht nicht an, dass der Euro Geisel des jeweils schwächsten Mitglieds einer Zone bleibt, die vorerst bei Weitem kein Staatswesen ist.
Der wichtigste Schritt dahin ist die bereits geplante massive Erhöhung des Eigenkapitals der Banken. Aber die muss mit einer massiven Regulierung dessen verbunden sein, was Banken dürfen. Basel II, das ihnen den Ankauf selbst griechischer Staatsanleihen erheblich erleichtert hat, gehört in Hinblick auf Basel III dringend überdacht.

Die Bilanzierungsvorschriften gehören präzisiert: Es kann nicht sein, das die „Erste“ unter Einhaltung dieser Vorschriften einmal einen Gewinn von 800 Millionen Euro und gleich darauf einen Verlust in dieser Höhe ausweist.
Geschäfts- und Investmentbanken gehören, wie in den USA, getrennt, wobei die Regulierung auf ihre unterschiedlichen Bedürfnisse Rücksicht nehmen muss. Und alle Institute, die die gleichen Geschäfte wie Banken abwickeln, gehören den gleichen Regulierungen unterworfen, auch wenn sie nicht „Banken“ heißen.

Denn auch das Problem „Griechenland“, das sollte die Rückschau lehren, ist in erster Linie von den Banken ausgegangen: Sie hätten diesem schwachen Land niemals so viel Kredit einräumen – so viele Staatsanleihen abnehmen – dürfen und auch bei Italien und Spanien zurück­haltender agieren müssen. (Doch Basel II hat ihre Vorsicht gemindert statt erhöht.)
Erst die viel zu vielen von Frankreichs Banken angeschafften griechischen Anleihen machen die Insolvenz Griechenlands bekanntlich zu einem Eurorisiko: Um sie zu „retten“, hätte der französische Staat ihnen so viel Geld zuschießen müssen, dass er sein wackelndes Triple-A verloren hätte. Damit ergänzte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone die Liste der hoch verschuldeten Problemstaaten, und es wäre schon jetzt jenes Szenario entstanden, das Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman argumentieren ließ: Frankreichs verminderte Bonität bedeutet ein Loch in dem „Rettungsschirm“, der die verminderte Bonität Spaniens und Italiens abfangen sollte. „Es sieht durchaus so aus, als sei das Eurosystem dem Untergang geweiht.“

Das italienische Problem ist leider unverändert offen: Silvio Berlusconi hat wichtige Elemente seines versprochenen Sparprogramms gekippt.
Abermals ist größte Härte seitens Merkel & Sarkozy gefordert: Dann wird dieser obskure Präsident hoffentlich auch von den eigenen Leuten entmachtet.

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