Rainer Nikowitz

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Zehn Dinge, die Sie tun sollten, bevor das Schwarze Loch kommt

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Jetzt, wo im Large Hadron Collider in Genf also tatsächlich der ­Urknall im Miniformat nachgeahmt wird und also stündlich damit zu rechnen ist, dass sich die Schweiz in ein alles verschlingendes Schwarzes Loch verwandelt – bisher verschwand dort ja nur steuerschonend verdientes oder von honorigen Diktatoren angelegtes Geld –, sollten wir alle noch rasch unsere Angelegenheiten in Ordnung bringen, um beim Abgang nicht das Gefühl haben zu müssen, im Leben etwas Entscheidendes verpasst zu haben. Mit den folgenden Tipps sollten Sie so gut wie alle Ihre bisherigen Defizite abdecken können.

1 Treten Sie wieder in die Kirche ein. Hier sollte – selbst bei begründetem Zweifel – nach dem bewährten Motto „Hilft’s nix, schadet’s nix“ vorgegangen werden. Denn falls am anderen Ende des Schwarzen Lochs tatsächlich ein weißbärtiger Herr sitzen sollte, handelt es sich bei ihm schließlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um Erhard Busek. Die etwaigen Nachteile eines Wiedereintritts sind diesfalls zu vernachlässigen, schließlich bleibt selbst dem umtriebigsten Gottesmann bis zum Weltuntergang kaum mehr genug Zeit, diese wahnsinnig vielen Knöpfe auf seiner Soutane zu öffnen.

2
Treten Sie auch in alle anderen Religionsgemeinschaften ein. Selbst wenn sich die praktische Ausbildung in einer liberalen ­Koranschule im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan nicht mehr ausgehen sollte und die Zeit auch nicht mehr für eine vor dem Scientology-Beitritt unbedingt anzuratende Lobotomie reichen sollte – nobody’s perfect.

3
Bringen Sie die Sache mit Ihrem Nachbarn in Ordnung. Wann, wenn nicht jetzt? Viel zu lange hat man es vor sich hergeschoben, sich immer wieder auf ein unbestimmtes „Irgendwann“ vertagt. Aber Sie haben wirklich lange genug Tür an Tür mit ihm gewohnt und nie den Schritt getan, zu ihm zu gehen und ihm zu zeigen, wie Sie wirklich fühlen. Aber jetzt sollte Sie nun wirklich nichts mehr zurückhalten. ­Gehen Sie also am besten sofort hinüber, läuten an seiner Tür – und hauen ihm dann eine runter.

4
Gehen Sie auf jeden Fall mit einem Lächeln. Falls Ihnen das aufgrund der Umstände zu schwerfallen sollte, greifen Sie zu jedem Hilfsmittel, das Sie kriegen können: Lassen Sie sich von Didi Constantini den modernen Fußball erklären. Gehen Sie zu einem Konzert der Kastelruther Spatzen. Lesen Sie jeden Leserbrief in der „Kronen Zeitung“. Und wenn das alles nicht fruchten sollte, besorgen Sie sich das Parteiprogramm der FPÖ.

5 Hand aufs Herz: Selbst der Züchtigste von uns wird mitunter von unzüchtigen Gedanken heimgesucht. Jeder von uns hat jemanden, bei dem er sich denkt: Das wär doch mal was! Allein, bisher stand dem immer etwas entgegen. Aber jetzt, jetzt gibt es absolut keinen Grund mehr für Zurückhaltung. Erfüllen Sie sich Ihre kühnsten Träume, gehen Sie bis an die Grenze und darüber – und schlafen Sie mit Ihrem eigenen Ehepartner!

6
Machen Sie endlich einmal etwas echt Gefährliches – weil’s eh schon wurscht ist! Bekennen Sie sich auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten lautstark dazu, nicht ausländerfeindlich zu sein. Fahren Sie in den Iran, und zeigen Sie Mahmoud Ahmadinejad Ihr neuestes Gemälde „Der Prophet in der Sauna“. Lassen Sie sich einen Termin bei Erwin Pröll geben und sagen dann zu ihm: „Nein, Erwin. Du bist nicht der größte Niederösterreicher aller Zeiten.“ Sie sehen, nach oben gibt es hier kaum eine Grenze.

7
Besuchen Sie zumindest noch einen der folgenden Plätze auf der Welt, die man unbedingt gesehen haben sollte: den Grand Canyon. Die Copacabana. Den Mount Everest. Sansibar. Nachdem sich die ­Anreise zu diesen Zielen allerdings etwas länger gestaltet, könnten Sie ersatzhalber auch folgende Orte ins Auge fassen: die Schule von Gerhard Dörfler. Den Friseur von Doris Bures. Den Urologen von Richard Lugner.

8
Nehmen Sie sich alle Freiheiten heraus, die ein erwachsener, selbstverantwortlicher Mensch hierzulande nach den ehernen ­Regeln der Tradition an sich immer noch haben sollte – wenn dem nicht ein völlig lustfeindlicher, regulierungswütiger Gesetzgeber entgegenstünde. Fahren Sie auf der Autobahn 180 – aber nur mit mehr als zwei Promille. Oder mischen Sie Ihrem Kampfhund ein Kilo Zwiebel und ein Gramm Kokain ins Chappi, und lassen Sie ihn dann nach Herzenslust und ohne Maulkorb am Gehsteig Ihrer Wahl herumtollen.

9
Vermachen Sie alles, was Sie besitzen, dem Staat – allerdings mit einer Zweckwidmung für österreichische Bankenhilfe. Einerseits hat sie das meiste davon ohnehin schon, und andererseits hat die Hypo Alpe-Adria wahrscheinlich auch in der Hölle eine Filiale.

10
Leben Sie einmal so richtig ungesund. Ernähren Sie sich ausschließlich von Paniertem. Rauchen Sie 40 Zigaretten pro Tag. Trinken Sie vier Viertel. Und am Nachmittag noch einmal vier. Wie? Das tun Sie eh alles schon längst? Sie Visionär!

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Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort