Rainer Nikowitz: Ansprechend

Die nächste Neujahrsansprache aus der Hofburg wird sich anders anhören als die vergangenen zwölf. Und es wird schon jetzt allenthalben fleißig geübt.

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Erwin Pröll

An meine Völker! Immer noch übermannt von dem überwältigenden Beweis eurer Liebe bei der Bundespräsidentenwahl … Moment amoi! Ein Erwin Pröll lasst sie bekanntlich von nix und niemand übermannen! Des änder ma: Immer noch gerührt von dem überwältigenden Beweis eurer Liebe bei der Bundespräsidentenwahl, bei der ihr mich mit Zweidrittelmehrheit zu eurem Herrscher … Wos is’n des wieder für a Bledsinn, ha? Wer hat den Schas gschrieben? Bringt’s ma den Falotten, damit i eam glei ane reißen kann! Ha? Wos heißt, der Herr Grasl is in ana Sitzung? Zawos halt i mir an Fernsehkaschperl, wenn er net bei Fuß is, wann’s Herrl pfeift? Her mit eam, oba zackzack! Zweidrittelmehrheit! So a bodenlose Frechheit! Insubordination is des! Dreiviertel muaß da stehen. Mindestens! Oiso: … bei der ihr mich mit Dreiviertelmehrheit zu eurem Herrscher auf Lebenszeit erkoren habt …

Rudolf Hundstorfer

Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ein neues Jahr hat begonnen. Jetzt könnte man sagen: Wozu eigentli? Des oide war ja eh no ganz guat! Des is natirli richtig, oba manche Änderungen kann ma halt net verhindern. Drum muaß ma si auf de konzentrieren, de ma verhindern kann. I maan, samma si ehrlich: Änderungen san ja net zuletzt deswegen so unnädig, weu ja dann nachher leider meistens irgendwas anders is. Und wer braucht denn des bitte? Is ja eh alles paletti. De Regierung is eh … ding, de Pensionen san sicher, de Vollbeschäftigung is fast voll und überhaupt is alles ziemlich super. I glaub, i spreche der überwältigenden Mehrheit von euch aus der Seele, wenn i sag: Nur kane Wellen! Und ansonsten werma 2017 halt schauen, was ma sehn werden. Oiso pfiat euch. Und übrigens: Sagt’s Rudl zu mir.

Alexander Van der Bellen

I weiß net, soll i … Was wollt i sagen? Ah ja. Soll i den Tschick in der Hand halten oder auf’n Aschenbecher legen? Wie? Weg damit? Aber schadet des net meiner Authentizität? Schließlich is die ja der Hauptgrund dafür, dass mir die schreckliche Bürde dieses Amtes auferlegt worden is. Also des und dass mir de Glawi so lang auf’n Nerv gangen is, bis i Ja gsagt hab, nur damit endlich a Ruh is. Da kann i do jetzt net einfach … Meinst? Na gut, dann halt ohne. Also, i fang jetzt an: Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürgerinnen! Wir stehen wieder einmal am Beginn eines neuen Jahres, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich weiß auch nicht. Wird es gut, wird es schlecht? Soll man dies machen oder das? Oder vielleicht jenes? Das sind sehr schwierige Fragen, die ich jetzt auch nicht so aus der Hüfte beantworten kann. Da müsst ich schon länger nachdenken. Jetzt werden Sie vielleicht sagen: Hat er denn keine Zeit zum Nachdenken, der Herr Bundespräsident? Hat ja sonst eh nix zu tun. Das ist natürlich nicht ganz falsch, aber sitzen Sie einmal den ganzen Tag in einem schiachen barocken Büro herum und kommen dabei auf auch nur einen vernünftigen Gedanken … Was? Wieso kann ich das nicht so sagen?

Irmgard Griss

Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Der Jahreswechsel ist traditionell eine Zeit der guten Vorsätze. Und aufgrund der erfreulichen Tatsache, dass Sie mich zur Bundespräsidentin dieses schönen Landes gemacht haben, darf ich mir wohl folgenden Hinweis erlauben: Es wäre jetzt wirklich an der Zeit, diese Vorsätze auch endlich einmal einzuhalten! Und damit meine ich jetzt nicht, dass Sie abnehmen sollten oder mit dem Rauchen aufhören. Das würde Ihnen zwar auch nicht schaden - aber wichtiger ist mir im Moment die Sauberkeit! Seien wir uns doch ehrlich: Sie sind ein Volk von kleinen bis mittelgroßen Schlawinern! Wenn ich in meiner langen juristischen Laufbahn etwas über Sie gelernt habe, dann das. Darf’s ein bisserl mehr sein? Brauch ma eine Rechnung? Mir werden kan Richter brauchen … Oh doch! Sie brauchen ganz dringend eine Richterin - und jetzt haben Sie ja zum Glück eine. Wissen Sie, ich will nicht über Gebühr prahlen, aber: Ich selbst bin zum Beispiel unfassbar sauber. Wenn ich mich wasche, dann profitiert die Seife davon wesentlich mehr als ich. Und genau dorthin will ich Sie auch bringen. Noch bin ich aber bereit, von Beugestrafen abzusehen. Darüber reden wir dann allenfalls 2018.

HC Strache

Geschätzter autochthoner Volkskörper! Nach dem Jahr der Volkserhebung, das nicht nur die Zusammenlegung der Ämter des Bundeskanzlers und des Bundespräsidenten brachte, sondern auch die Übernahme dieses Amtes durch den einzigen Mann, der fähig ist, diese Last im Sinne aller, die reinen Blutes sind, auch zu tragen, nach der Säuberung des ORF und anderer Redaktionen von Verrätern und sonstigen Volksschädlingen, nach der Einrichtung von Volksgerichtshöfen, in denen nun nicht mehr korrupte Linke, sondern meine Facebook-Poster urteilen, nach all den Reformen, die ich schon in den ersten Monaten meiner Tätigkeit gestemmt habe, brauche ich heute ehrlich gesagt eine kleine Pause. Ich übergebe also darum das Wort an meine persönliche Wahrsagerin.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort