Rainer Nikowitz: Carpe diem!

Rainer Nikowitz: Carpe diem!

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profil: Herr Strache, mich würde interessieren, wie denn ein ganz normaler Tag im Leben des erfolgreichsten österreichischen Oppositionspolitikers so ausschaut. Strache: Ich kann Ihnen versichern, dass mein Job beinharte Knochenarbeit bedeutet. Und zwar tagtäglich.

profil: Davon gehe ich aus. Jetzt ist es 11 Uhr vormittags. Was haben Sie denn zum Beispiel heute bis jetzt so gemacht? Strache: Nun, gleich nach dem Aufstehen check ich einmal die Nachrichtenlage. Da weiß ich dann meistens auch gleich, wie hart mein Tag werden wird. Heute waren zum Beispiel keine Meldungen dabei, die das Leben eines verantwortungsvollen Politikers leichter machen.

profil: Also nichts über ein überraschend stärkeres Wirtschaftswachstum? Oder Entspannung in der Ost- ukraine? Strache: Nein, da mein ich eher andere Meldungen. Solche, die mein sofortiges Einschreiten auf Facebook verlangen. Aber man darf da auch nicht unbescheiden sein. Man kann nicht erwarten, dass jeden Tag ein Bosnier in Graz Amok fährt. Es wäre schön, ja – aber das Leben ist nun einmal kein Wunschkonzert.

profil: Wobei Sie sich mit Ihrem Facebook-Posting zu Graz ja ziemlich in die Nesseln gesetzt haben. Der Täter ist seit seiner frühesten Kindheit in Österreich. Strache: Einmal Bosnier, immer Bosnier.

profil: Verstehe. Gilt das auch für andere Bevölkerungsgruppen? Also zum Beispiel für Trottel? Oder Arschlöcher? Strache: Diese Frage verstehe ich nicht.

profil: Der Kickl soll sie Ihnen später erklären. Strache: Na gut. Jedenfalls, am zweitbesten sind dann irgendwelche Meldungen aus den Regierungsparteien. Zelte für Flüchtlinge oder so. Oder ein Faymann-Interview.

profil: Worüber? Strache: Wurscht.

profil: Aha. Und dann? Strache: Dann ruf ich meistens den Kickl an und sag ihm, dass wir eine neue Umfrage brauchen. Ich weiß zwar eh, dass wir bei der wieder ein Prozent mehr haben werden – aber man schaut sich’s halt trotzdem immer wieder gerne an. Ja, und dann … Dann geh ich ins Fitnesscenter. Das brauch ich als Ausgleich zu dem ganzen Stress.

profil: Ja, so eine Stunde auf dem Laufband wirkt oft Wunder. Hören Sie da Musik dazu? Strache: Nein. Ich hab sie eh im Kopf: Aus-län-der raus! Aus-län-der raus! Das ist Viervierteltakt. Und Musik in meinen Ohren.

profil: Okay … Aber dann, nach dem Fitnesscenter, dann fängt die Arbeit an, oder? Strache: Na ja … Dann treff ich mich meistens mit dem Kickl und wir schauen uns die neueste Umfrage an.

profil: Aber die haben Sie doch erst in der Früh in Auftrag gegeben. Strache: Das war die allerneueste. Ja und dann, dann ist es eh schon Zeit fürs Mittagessen, da schau ich, dass ich eine ruhige Ecke find, damit ich auch einmal ein bissl übers Leben nachdenken kann.

profil: Und was denken Sie da so? Strache:

profil: Verstehe. Strache: Ja, und der Nachmittag, der verfliegt auch immer ganz schnell. Ein bissl Zehenspielen im Büro, Facebook schauen, Umfragen studieren.

profil: Klingt eigentlich fad. Hoffentlich wird der Abend besser. Strache: Das kommt darauf an. Heute zum Beispiel ist der Asylgipfel der Bundesregierung. Das bedeutet für mich: Wenn ich heimkomm, dann mach ich mir einen Kübel Mikrowellen-Popcorn, setz mich im Unterleiberl vor den Fernseher und warte auf das ganz große Kino in der „ZIB 2“.

profil: Und danach geben Sie eine neue Umfrage in Auftrag. Strache: Ich sehe, Sie verstehen langsam, wie man erfolgreiche Oppositionspolitik macht.

profil: Kränkt es Sie eigentlich, dass manche Menschen meinen, die FPÖ könnte auch mit einem rostigen Hunderternagel an der Spitze reüssieren, solange der nur ordentlich ausländerfeindlich ist? Strache: Solche Anwürfe der politischen Gegner bin ich gewohnt. Es reicht, wenn ich weiß, dass ich meine Erfolge meinem ungeheuren Charisma, meiner geschliffenen Rhetorik und – last but not least – den hervorragenden freiheitlichen Ideen zu quasi jedem sachpolitischen Problem zu verdanken habe.

profil: All diese freiheitlichen Ideen gehen bedauerlicherweise im schnellen politischen Tagesgeschäft ein wenig unter. Die FPÖ wird bei genau einem Thema wahrgenommen. Strache: Fragen Sie mich doch! Ich kann Ihnen zu jedem Problem die freiheitliche Lösung sagen.

profil: Also gut. Arbeitslosigkeit? Strache: Ausländer raus!

profil: Kosten des Gesundheitssystems? Strache: Ausländer raus!

profil: Stau auf der Südosttangente? Verregneter Sommer? Strache: Wollen Sie raten?

profil: Aber eines sag ich Ihnen: Sie wollen unbedingt Kanzler werden. Dann können Sie es sich aber nicht mehr so leicht machen. Also nicht nur ständig auf Umfragen schielen und sonst nichts tun. Strache: Weiß das der Faymann auch schon?

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort