Rainer Nikowitz

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Das Traurige zuerst: Peter Westenthaler beteuert nach wie vor, so glaubhaft es mit seinen bescheidenen Beteuerungsmitteln halt möglich ist, dass er nicht für Frank Stronachs neue Partei kandidieren wird, sondern beim BZÖ bleibt. Da man ihn bei den Orangen aber voraussichtlich auf einen unwählbaren Listenplatz verräumen wird – also auf Platz zwei oder so –, wird es Zeit, sich mit einer Situation anzufreunden, die für die Jüngeren unter uns jetzt noch genauso undenkbar scheint wie ein Großbritannien ohne die Queen: ein westenthalerloses Parlament! Aber wenigstens wird man dann die Möglichkeit haben, das Politidol von Generationen in seinem neuen Beruf als Top-Immobilienmakler ganz aus der Nähe erleben zu dürfen, wenn man etwa einen straßenseitigen Bastlerhit am Gaudenzdorfer Gürtel besichtigt.

Ansonsten gibt es aber aus der Zentrale der Kraft, auf die das Land gewartet hat, nur Positives zu berichten. Zwei Stützen des österreichischen Parlamentarismus haben schon freudig „Ja!“ gesagt – und das sicherlich nicht nur auf Franks schüchtern vorgebrachte Frage: „Gibst dou mir dei Kountonummer?“

Einmal Gerhard Köfer, Bürgermeister von Spittal an der Drau, der in den letzten sechs Jahren mittels hochenergetisch aufgeladenen Handhebens verlässlich dafür sorgte, dass die SPÖ-Hinterbank im Nationalrat niemals kalt wurde. Jetzt hat man dort begreiflicherweise ein Problem mit dem Mikroklima, weshalb man überlegt, Uri Geller zu gewinnen. Oder wenigstens das Toupet von Manuel Horeth.

Köfer, der schon Stronachs Pferde gesundstreichelte, nimmt auch gleich seinen Vizebürgermeister mit, was das im Vergleich mit anderen Kärntner Städtchen an sich auch nicht wesentlich verhaltensoriginellere Spittal zum Zen­trum der Erneuerung Österreichs macht. Wenn man auch noch ins Kalkül zieht, dass schon das politische Jahrhunderttalent Herbert Haupt einst aus Spittal auszog, um das Land zu verwundern, ist der Verdacht, dass da irgendwas Parteiübergreifendes im Trinkwasser ist, nicht vorschnell von der Hand zu weisen.

Der Zweite, der nunmehr als Stronachs Zugpferd die Furchen, die er schon bisher in die politische Landschaft gezogen hat, noch vertiefen wird, ist der „wilde“ Abgeordnete Erich Tadler. Wer ihn nicht kennt, ist wirklich selber schuld, jagte doch in seiner Karriere schon bisher ein sauberer Höhepunkt den anderen: So wurde er im Jänner 2010 aus dem BZÖ-Parlamentsklub ausgeschlossen, weil er finanzielle Bedingungen gestellt hatte. An einer solchen Lappalie soll es beim Frank aber wirklich nicht scheitern!

Und jetzt, wo ihm sein neuer Freund Köfer die Hand aufgelegt hat, wird es sicher auch nicht mehr vorkommen, dass Tadler wie jüngst während der Fußball-EM noch einmal das Bedürfnis überkommt, die Löwenstatue vor dem polnischen Präsidentenpalast in Warschau mit den Farben der deutschen Nationalflagge zu beschmieren. Skandalöserweise wurde er damals sogar verhaftet, obwohl er doch eh zu Protokoll gab, dass er die Farbe nur habe abwischen wollen – und obwohl er diese unzweifelhaft richtige Behauptung mit dem Zücken eines Dienstpasses der Republik Österreich glaubwürdig untermauerte.

Um sich das lästige Sammeln von Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur bei der nächsten Wahl zu sparen, fehlt jetzt also nur mehr ein Abgeordneter. Im Gespräch sind der ebenso wilde wie flächendeckend bekannte Ex-BZÖ-Abgeordnete Robert Lugar und der erstaunlicherweise immer noch das Parlament mit seiner Anwesenheit aufwertende Ernest Windholz, der noch am Überlegen ist, wie treu seine BZÖ-Ehre ist.

Waltraud Dietrich, die Ex-FPÖ-Klubobfrau in der Steiermark, könnte, wenn schon sonst nichts, als Diplom-Mentaltrainerin mit Stronachs Pferden dort weitermachen, wo Energetiker Köfer aufgehört hat. Und Werner Königshofer, wegen Rechtsabweichlertums aus der FPÖ ausgeschlossen – und das soll ihm erst einmal einer nachmachen! –, bringt sich mit einer wahltaktisch tatsächlich hochinteressanten Rechnung vorerst zwar nur selbst ins Gespräch: „Laut einer Umfrage waren 60 Prozent für meinen Rücktritt – das heißt aber auch, 40 Prozent waren dagegen!“ Aber an einem derart großen, an zukunftsträchtiger Erneuerung brennend interessierten Wählerreservoir kann Stronach ja wohl nur schwer vorbei.
Und wenn dann auch noch Massenliebling Andrea Kdolsky tatsächlich ihre bebend herbeigesehnte Rückkehr auf die Politbühne wahr machen würde … Oder wenn zum Beispiel Claudia Bandion-Ortner, deren jüngster Erfolg als Generalsekretärin des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen Dialog völlig zu Unrecht untergegangen ist – auf ihre Initiative hin dürfen Enthauptungen von Ehebrecherinnen in Saudi-Arabien nur mehr mit einem wirklich scharfen Schwert durchgeführt werden –, wieder ihre Busspur zöge! Oder wenn sich Hubert Gorbach nicht mehr länger dem Drängen Tausender Erneuerungshungriger verschlösse! Dann bliebe, was die Zukunft des Landes betrifft, eigentlich nur mehr eine untergeordnete Frage offen: Wer wird in der Regierung Stronach eigentlich Vizekanzler – unter Karl-Heinz Grasser?

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort