Rainer Nikowitz: Ehrlich gesagt

In den diversen Sommergesprächen werden immer nur Politiker oder Promis interviewt. Hier nicht: Helmut Friesenbichler, Durchschnittsösterreicher.

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profil: Herr Friesenbichler, in dieser Reihe soll die Stimmungslage im Land erkundet werden und aus den einzelnen Interviews im Idealfall eine Art psychologischer Gesamtbefund der österreichischen Bevölkerung entstehen. Das scheint mir gerade wegen der doch greifbaren Verunsicherung weiter Segmente der Gesellschaft interessant. Friesenbichler: Wos?

profil: Ach, wissen Sie was? Fangen wir doch einfach an. Also, Herr Friesenbichler, wie geht es Ihnen? Friesenbichler: Eh.

profil: Ich hatte auf eine etwas ausführliche Antwort gehofft. Friesenbichler: Haaß is ma hoit.

profil: Nun, diese ungewöhnliche Hitzewelle drückt natürlich auch auf die Stimmung. Und was unternehmen Sie dagegen? Haben Sie ein persönliches Anti-Hitze-Rezept? Friesenbichler: Jo. I wähl die FPÖ.

profil: Was soll das denn bitte helfen? Friesenbichler: Schlafen Se in da Pendeluhr? Des siecht doch a Blinder! De Flüchtlinge kumman mit nix daher – aber Hauptsach, ihr gschissenes Wetter bringen s’ mit.

profil: Verstehe. Und Sie denken nicht, dass das Ganze, wie so gut wie alle Experten meinen, eher mit der Klimaerwärmung zu tun hat? Friesenbichler: Dass i so an Schas glaub, dafür bin i vü zu kritisch.

profil: Gut. Kommen wir vielleicht besser zu einem anderen Thema. Wie beurteilen Sie die Zukunft der EU? Wo sehen Sie sie in fünf Jahren? Friesenbichler: I tat sogn in Europa.

De Griechen, bitte! Tanzen den ganzen Tag Sirtaki, duschen dann mit Ouzo – und nachher taten’s de Hand aufhalten!

profil: Ich habe das weniger geografisch als mehr politisch gemeint. Friesenbichler: Also, i brauch’s net. Net heut und net in fünf Jahr.

profil: Warum denn nicht? Friesenbichler: De Griechen, bitte! Tanzen den ganzen Tag Sirtaki, duschen dann mit Ouzo – und nachher taten’s de Hand aufhalten!

profil: Finden Sie nicht, dass Sie das etwas drastisch darstellen? Außerdem besteht die EU ja nicht nur aus Griechenland. Friesenbichler: Eh net. Wann i heut auf der Autobahn fahr und schau, wer mi überholt: Jeder Zweite a Ausländer. Slowaken, Ungara. Manchmal sogar a Rumäner! A Rumäner mit an Auto, des wos schneller is als meins – des kann ka Guada sein.

profil: Aber glauben Sie denn nicht auch, dass es zur Lösung der momentanen Probleme und zur endgültigen Verwirklichung dieses großen Friedensprojektes einer vertieften europäischen Integration bedürfte? Ökonomisch, politisch wie auch kulturell? Dass auch und gerade im Hinblick auf die Herausforderungen durch die Globalisierung das supranationale Element viel stärker in den Vordergrund rücken müsste? Friesenbichler: Wos?

profil: Gut, lassen Sie es mich vielleicht am besten so formulieren: Mehr Brüssel und weniger Kikeritzpatschen? Friesenbichler: Über Kikeritzpatschen lass i nix kumman. Ganz im Gegenteil. An hohen Zaun rundherum und alles is paletti.

profil: Was ist also Ihr Lösungsansatz für die Probleme der EU? Friesenbichler: I wähl die FPÖ.

profil: Warum frag ich auch. Friesenbichler: Des derfen S’ mi net fragen.

profil: Wollen wir vielleicht wieder das Thema wechseln? Friesenbichler: Vo mir aus. Über was wollen S’ denn no reden?

profil: Sagen Sie. Friesenbichler: Na guat. Red ma über … Skifahren.

profil: Im August? Friesenbichler: Na ja, des ganze Theater mit der Anna Fenninger – des is scho a Wahnsinn, oder?

profil: Nun ja. Friesenbichler: I sag Ihna ans: Unterm Strache hätt’s des net geben.

profil: Gut, dass wir das auch geklärt haben. Brennt Ihnen sonst noch etwas unter den Nägeln? Friesenbichler: Im Fernsehen is a nix Gscheits.

profil: Gut, dem kann man ja leicht entgegenwirken. Friesenbichler: Eh. Wenn die FPÖ erst amoi …

profil: Ich habe eigentlich gemeint: Man kann ja jederzeit abdrehen. Friesenbichler: Na. Für radikale Ideen hab i nix übrig.

profil: Gut, ich denke, ich hab dann langsam genug Material für … Friesenbichler: Und letztens im Supermarkt, ja? Kumm i fünf Minuten vor Ladenschluss eine – ham de bitte kane Semmeln mehr! I maan, geht’s no? Nur, weil de ganzen Semmeln nach Traiskirchen gengan, soll i a Vollkornbrot fressen oder was?

profil: Ich glaube ehrlich nicht, dass da ein Zusammenha… Friesenbichler: Hab i glei im Facebook gepostet, den Skandal. Und wissen S’ was? Dreihundertvierafuffzg Likes. Und hundertzwölf Mal geteilt. Des hab i net amoi no mit’n Sultan zsammbracht.

profil: Wer ist das? Friesenbichler: Mei Rottweiler. Voll liab, sag i Ihna. Mei bester Freund. Is ma liaba als jeder Mensch.

profil: Danke für das Gespräch. Friesenbichler: Net so schnell! I bin no lang net fertig …

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort