Rainer Nikowitz: Ehrlich jetzt!

Das Unbefriedigende an all den Interviews, Konfrontationen, Wahlfahrten und Elefanten-runden zur Bundespräsidentenwahl war ja: Die Kandidaten sagten natürlich nie, was sie sich wirklich denken. Bis jetzt. Und hier.

Drucken

Schriftgröße

profil: Vielen Dank, dass Sie sich alle so knapp vor der Wahl noch einmal bereitgefunden haben, sich zusammenzusetzen – obwohl Sie einander mittlerweile sicher nicht mehr sehen können. Hofer: Mittlerweile? Des is die Untertreibung des Jahres.

profil: Und somit zeigt der Kandidat von der Partei „Wir machen aus unserer Mördergrube aber sicher kein Herz“ auch gleich die Richtung an, in die es heute gehen soll. Aus allen einschlägigen Umfragen geht ja deutlich hervor, dass die Bürger nach mehr Ehrlichkeit in der Politik lechzen. Also seien Sie bitte, in diesem letzten Auftritt vor der Wahl, bei Ihrer letzten Chance, das Stimmvolk auf Ihre Seite zu ziehen, einmal völlig ungeschminkt. Es wird Ihnen nicht schaden, im Gegenteil. Kehren Sie einfach Ihr Innerstes nach außen! Hundstorfer: Vo mir aus. Hauptsach, i muaß net Englisch reden.

profil: Das wäre ja nun auch nicht unbedingt Ihr Innerstes. Hundstorfer: Net sei lustig, heast!

profil: Bleiben wir doch gleich bei Ihnen, Herr Hundstorfer. Sie sind doch an sich ein joviales Kerlchen. Red- und leutselig, ein richtiges Party-Animal. Aber jetzt im Wahlkampf? Leicht sauertöpfisch bis mittelschwer patzig. Desinteressiert. So richtig klassisch wienerisch grantig. Hundstorfer: Eh.

profil: Ja, stimmt: Einsilbig hab ich vergessen. Hundstorfer: Mhm. Grrr!

profil: Sie wirken eigentlich die ganze Zeit so, als würden Sie in der nächsten Sekunde aufstehen und ins Sozialministerium gehen, um dortselbst Alois Stöger mit der in Schweinsleder gebundenen Prachtausgabe der 75. ASVG-Novelle aus jenem Sessel zu fotzen, der in einer gerechten Welt immer noch Ihrer sein sollte. Hundstorfer: (schlägt sich mit der flachen Hand entgeistert auf die Stirn und steht auf) I muaß dann leider, gell? Wiedaschaun! Khol: Aber Rudi, jetzt renn do nit weg! I will nit als einziger Loser überbleiben! Rudi!! Lugner: Also i bleib auf alle Fälle. Wenn i scho endlich amoi Sendezeit kriag.

profil: Wir sind ein Printmedium. Da gibt’s leider keine Sendezeit in dem Sinn. Lugner: Des is a demokratiepolitischer Skandal! I hab 6000 Unterschriften!

profil: 6000 Unterschriften von in irgendeiner Form leicht Problembehafteten bringt jede schwindlige Facebook-Petition zum verpflichtenden Tragen von weißen Socken in Sandalen oder zur Legalisierung von Sodomie mit Weinbergschnecken zusammen. Lugner: I hab a Recht auf Sendezeit! Ohne Sendezeit is mei Leben doch vollkommen sinnlos! Khol: Womit also endlich ein glasklarer Unterschied zu Ihrem Leben mit Sendezeit herausgearbeitet wär. Lugner: Sehen S’, der Doktor Khol hilft a zu mir. Sie fragen mi jetzt gfälligst was, verstanden? I halt jetzt nämlich so lang die Luft an, bis Sie mi was fragen!

profil: Einverstanden. Herr Khol, was ist eigentlich Ihre spontane erste Assoziation zum Namen Erwin Pröll? Khol: Oje.

profil: Erstaunlich! 83,4 Prozent aller Österreicher haben mittlerweile genau dieselbe! Khol: So war das oba nit gemeint! I wollt damit sagen: Oje, scho wieder fragt mi oana nach dem Erwin und nit nach meinem Amtsverständnis.

profil: Das könnte daran liegen, dass Erwin Pröll auch noch nach dem 24. April von Bedeutung sein wird – Ihr Amtsverständnis hingegen nicht. Khol: Ach. Umfragen sind Umfragen sind Umfragen. Hofer: Hä? Jetzt is eam die Platten hängenblieben. Der Busek hat scho recht. Sie sind einfach zu alt. Khol: Aber so alt, dass mein Lieblingsmaler „Odin“ heißt, kann i gar nit werden.

profil: Herr Khol! In den Umfragen, die Umfragen und Umfragen sind, liegt hinter Ihnen nur noch der Herr, der gerade dabei ist, ein noch größeres zerebrales Sauerstoffdefizit aufzubauen als sonst eh schon. Sie haben recht wenig zu verlieren. Also noch einmal: Pröll! Khol: Also gut: Zuerst das Schmierentheater mit all den Huldigungen vor der bevorstehenden Krönung zu Erwin dem Kahlen. Dann muss der Mitterlehner gschwind mich als neuen Besen aus dem Abstellkammerl holen, um die Scherben zusammenzukehren. Und dann haut mir dieser Provinz-Falott auch noch das Mikl-Hackl ins Kreuz. Unterm Strich: Wer solche Freunde hat, braucht keine Roten als Koalitionspartner. Van der Bellen: Sehen Sie? Darum bin ich so unabhängig. Wenn ich durch einen grünen Basiskongress gemusst hätte, wäre wahrscheinlich vor meinem schlussendlichen Kandidaturverzicht mindestens ein Junggrüner am Klo von einem unbekannten Täter mit seinen eigenen Dreadlocks erdrosselt worden. Und danach hätte ich mir einen Ford Mustang V8 ohne Katalysator und mit einem Durchschnittsverbrauch von 18 Litern gekauft, wäre nach Spielfeld gefahren und hätte ihn dort als Seitenteil-Verlängerung hingeparkt. Hofer: Diese peinliche Herumlügerei nützt Ihnen überhaupt nichts. Es weiß doch bitte wirklich jeder, dass Sie ein willkommenskultureller Linksfaschist sind, der zwar einen afghanischen Taliban mit Flokati-Bart und Kalaschnikow unterm Kaftan als Kanzler angeloben würde, aber nicht die einzig legitime volkstreue Regierung. Van der Bellen: Da wären Sie klarerweise besser geeignet als ich. Bis der seine Kalaschnikow draußen hat, hätten Sie ja den Fall mit Ihrer Glock zum Glück längst erledigt.

profil: Diese flächendeckend angekündigten Nichtangelobungs- und Entlassungsmuskelspiele sind aber doch einigermaßen peinlich, oder? Beim letzten Präsidenten, der auf diese Art „aktiv“ sein wollte, hat es dann bei Eintritt des Ernstfalles gerade noch zu einem angefressenen Gschau bei der Angelobung gereicht. Hofer: Darauf würde ich mich aber unter Garantie nicht beschränken.

profil: Das glaub ich nicht. Hofer: Dann missverstehen Sie die Natur meiner Partei. Griss: Wenn Sie angeblich das gemäßigte Gesicht dieser Partei sind – wie schaut dann eigentlich das schiache aus? Hofer: Sie sind auch noch da? Warum eigentlich? Griss: Selbst, wenn es sonst keinen Grund gäbe – einer bleibt allemal: im Idealfall zu verhindern, dass Sie in die Stichwahl kommen. Hofer: So viele langweilige, verknöcherte Streber, die mit ihrer Stimme dafür sorgen könnten, gibt es aber nie im Leben. Griss: Abwarten. Wenn jetzt den Schwarzen endlich dämmert, dass sie vielleicht gleich besser mich wählen und nicht ihr eigenes chancenloses Crashtest-Dummy … Khol: Wieso gehen Sie jetzt auf mich los? Ich hab doch gar nichts gesagt. Und ich dachte, Sie sind eine Dame. Griss: Fas est et ab hoste doceri!*) Hofer: Was soll des wieder heißen? Van der Bellen: Das wissen Sie nicht? Da sind Sie wohl der Einzige hier. Weil der Herr Lugner ist ja in der Zwischenzeit leider ohnmächtig geworden. Hofer: Da tät ma einmal im Leben einen Sozi brauchen, und dann is der nimmer da.

profil: Gut. Ich denke, die Leser wissen jetzt endgültig, wen Sie wählen sollen. Khol: Es liegt ja wohl auf der Hand, welche die einzig richtige Entscheidung ist. Hofer: Eh. Van der Bellen: Ich denke, die Mehrzahl der Wähler wird da keinen Fehler machen. Griss: Und wenn doch, geh ich in Berufung!

*) Es ist erlaubt auch vom Feind zu lernen!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort