Rainer Nikowitz: Stiften gehen

Rainer Nikowitz: Stiften gehen

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Es blieb Wolfgang Sobotka, dem jüngsten Ministerbeweis dafür, dass Niederösterreich über einen schier unerschöpflichen Fundus an Politikern verfügt, bei denen man sich schwer entscheiden kann, ob ihre sympathische Ausstrahlung oder doch ihre beeindruckende Kompetenz unglaublicher ist, vorbehalten, die aktuellen Berichte über Erwin Pröll als das zu brandmarken, was sie zweifellos sind: Fake News. Jetzt wird also nicht nur Donald Trump von einer der schlimmsten Seuchen unserer Zeit geplagt, sondern auch noch ein zweiter Weltpolitiker.

Gut, es mag ja sein, dass die Öffentlichkeit bisher nichts über die streng gemeinnützige Verteilung von Steuergeld durch die Privatstiftung des gütigen Landesübervaters erfahren hat. Aber dass keiner auf die doch so naheliegende Idee kommt, warum nicht, das ist wirklich erschütternd. Es kann ja klarerweise für diese Zurückhaltung nur einen Grund geben – und der ist in der Pröll’schen Persönlichkeitsstruktur zu verorten: seine uferlose Bescheidenheit. Man muss sich nur die Situation vor ziemlich genau einem Jahr in Erinnerung rufen, um sofort zu erkennen, dass es nur daran liegen kann. Damals waren der Reihe nach sämtliche ÖVP-Granden angetreten und hatten wortreich erklärt, wie unfassbar großartig sich Pröll denn nicht als Bundespräsident machen würde. Hui, war das dem Erwin vielleicht unangenehm! Tagelang ging er ob seiner schamgeröteten Backerln nicht aus dem Haus, ein ums andere Mal griff er hochpeinlich berührt zum Telefon und hauchte ein entkräftetes „Jetzt ist es aber genug!“ hinein. So lange, bis er sich in seiner Not gar nicht mehr anders zu helfen wusste und – als keine weiteren Lobpreisungen mehr zu erwarten waren, weil sich wirklich schon jeder Schwarze in den Staub gehaut hatte – auf die Kandidatur verzichtete. Wahrscheinlich wäre ihm auch der zu erwartende Erdrutschsieg extrem peinlich gewesen. Ja, so ist er halt, der Erwin.

Und jetzt mit seiner Stiftung ist es dasselbe. Es ist eben nicht jedem gegeben, Gutes zu tun und dann darüber zu reden. Wobei: Die meisten scheitern ja schon am ersten Teil – und mit dem hat der Mann, der sich einst aus dem kleinen Radlbrunn aufmachte, die Welt zu erobern und nicht Halt machte, bevor er in St. Pölten, also ganz, ganz oben angekommen war, nun wirklich keine Probleme. Für den zweiten Teil braucht er halt Unterstützung – und die soll er hier bekommen.

Es gehört zum Beispiel endlich berichtet, dass der Fremdenverkehr in Parbasdorf wohl kaum innert eines Jahres um 100 Prozent zugenommen hätte, wenn die Erwin- Pröll-Privatstiftung dort nicht die Errichtung des Erwin-Pröll-Kreisverkehrs großzügig gefördert hätte. 2016 wurden dort schon zwei Autos beobachtet – und nur einer der beiden Lenker gab an, sich verfahren zu haben. Vergleichbares wurde im schmucken Gumprechtsfelden erreicht, wo man nunmehr von der neu errichteten Erwin-Pröll-Aussichtswarte einen hervorragenden Blick auf die Erwin- Pröll-Plakatwand hat, auf der man ein 20 Quadratmeter großes Foto sehen kann, auf dem Erwin Pröll von der Erwin-Pröll-Aussichtswarte aus auf die Erwin-Pröll-Plakatwand schaut.

Besonderes Augenmerk legt die Stiftung – so viel war bereits bekannt – auf Bildungseinrichtungen im ländlichen Raum. Hier muss zuvorderst einmal die Einrichtung des Erwin-Pröll-Archivs in Laimbach am Ostrong erwähnt werden. Es braucht keinerlei internationalen Vergleich zu scheuen, ist es doch das bei Weitem größte Erwin-Pröll-Archiv weltweit. Prunkstücke der Sammlung sind die Serviette, auf der Erwin Pröll die Ergebnisse der ersten Hochrechnung bei der niederösterreichischen Landtagswahl 2008 mitschrieb, und das Manuskript jener Rede, mit der Erwin Pröll 2001 die Erweiterung des Proberaums des Musikvereins Gramatneusiedl eröffnete (normalerweise wäre er dort ja nicht hingegangen, allerdings gelang es dem Kapellmeister, ihn mit dem eigens für diesen Tag komponierten Erwin-Pröll-Marsch umzustimmen).

Weiters wurden zahlreiche Erwin-Pröll-Museen errichtet – ob der Fülle des Materials hätte eines nie ausgereicht. Das ehemalige Pfarrheim in Großmeiseldorf wurde zum Erwin-Pröll-Jugendmuseum umgebaut, hat doch der junge Erwin hier einst zu Silvester 1961 nach seinem ersten Rausch in die nordöstlich gelegene Ecke gespieben. Auch die ehemalige Autowerkstatt Brimsenhuber in Unterstinkenbrunn wurde umgewidmet, wurde doch hier schon einmal am Pröll’schen Privatwagen der Keilriemen gewechselt. Und in Ybbsitz erinnert die noch im Original erhaltene, ehemals öffentliche Erwin-Pröll-Toilettenanlage an einen Moment im Jahr 2004, an dem Erwin Pröll, der sich an sich nur auf der Durchreise befand, ausgesprochen froh war, eine öffentliche Toilettenanlage gefunden zu haben.

Diese Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber wir möchten Erwins Bescheidenheit ja nicht über Gebühr strapazieren. Das hätte gerade einer wie er einfach nicht verdient.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort