Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Europäische Worte

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Ernst Strasser, Spitzenkandidat der ÖVP, verriet heute endlich, welche prominenten Parteigranden das Kernstück seines Unterstützerkomitees bilden. Es handle sich hiebei um niemand Geringeren als die vermutlich größten schwarzen Parteiobmänner aller Zeiten – Leopold Figl und Julius Raab.

Damit sei wohl, so Strasser etwas süffisant in Richtung seines Hauptgegners Othmar Karas (ÖVP), der bekanntlich nur Alois Mock, Wolfgang Schüssel, Josef Taus, Josef Riegler und Erhard Busek zu bieten hat, endgültig klargestellt, wer hier den Längeren habe. Außerdem gab Strasser zu bedenken, dass die Öffentlichkeit nicht wisse, wofür Karas eigentlich stehe: „Haben Sie von ihm schon irgendein aussagekräftiges Mail gelesen? Ich nicht.“ Er, Strasser, hingegen kämpfe zeit seines politischen Lebens um das, was die Menschen gerade in der Krise am notwendigsten bräuchten: „Jobs, Jobs, Jobs!“ Arbeitslosigkeit sei schließlich etwas für Sozis.

Hannes Swoboda, Spitzenkandidat eben dieser, forderte heute erneut vehement, dass die Sozialdemokraten den nächsten österreichischen EU-Kommissar stellen sollten. Er dementierte gleichzeitig energisch, dass die Besetzung dieses Postens Bundeskanzler Werner Faymann piepegal sei – das könne man schon allein daran erkennen, dass er bereits einen Kandidaten vorgeschlagen habe. Allerdings gebe es von Herrn Strudl diesbezüglich noch keine endgültige Zusage.

Swoboda erklärte weiters, er sei sehr zufrieden mit dem Zuspruch, den die rote Wahlbewegung erfahre. Dabei scheue man keineswegs die Konfrontation und gehe auch, wie es in der Fußballersprache so schön heiße, dorthin, wo’s wehtut. Aber gerade in diesem Bereich könne man Erfolge verbuchen, die keineswegs selbstverständlich seien: So sei es ihm,
Swoboda, nach zahllosen Diskussionen gelungen, Werner Faymann dazu zu bewegen, am 7. Juni tatsächlich wählen zu gehen.

„Das ist doch eine schöne Überraschung“, freute sich Swoboda. „Auch wenn man natürlich davon ausgehen muss, dass er Hans-Peter Martin wählt.“
Ewald Stadler, BZÖ, bemühte sich heute in einem gut besuchten Pressegespräch im Kärntner Keller in Wien – der Wirt musste sogar einen zweiten Sessel bringen – einmal mehr, die Unterschiede zwischen BZÖ und FPÖ klar herauszuarbeiten – obwohl sie angesichts seines Konkurrenten Andreas Mölzer ohnehin deutlicher als je zuvor zutage träten, wie Stadler meinte. „Mölzer ist ein deutschnationaler schlagender Burschenschafter. Ich hingegen bin – und jeder, der mich kennt, wird Ihnen das gerne bestätigen – ein schlagender deutschnationaler Burschenschafter. Und außerdem habe ich größere Füße.“

Letztere „völlig haltlose Behauptung“ veranlasste Andreas Mölzer zu einem umgehenden Dementi. Stadlers Angaben seien maximal für den linken Fuß des Überläufers zutreffend, denn an dessen rechter großer Zehe fehle seit einem zweifellos bedauerlichen Unfall mit einem an sich prächtigen Sonnwendfeuer – bei dem er, Mölzer, sogar persönlich Zeuge gewesen sei – der entscheidende Zentimeter. „Hier zeigt sich wieder einmal, was von den ‚kompromisslos ehrlichen‘ – wie Stadler ja in seiner Wahlwerbung behauptet – Aussagen des Herrn Volksanwalts a. D. zu halten ist.“ Die FPÖ veröffentlichte heute auch ein Foto Mölzers, auf dem dieser mit einem von ihm persönlich vor dem grausamen Schicksal der Schächtung geretteten Hammel zu sehen ist. Das Tier wurde übrigens nach der Aufnahme artgerecht mit dem Revolver H.C. Straches erschlagen, nachdem es vorher bei sechs Versuchen des blauen Parteiobmanns nur einen Streifschuss davongetragen hatte.

Dies veranlasste die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zu einem empörten Aufschrei. Sie forderte, der FPÖ-Parteichef, aber natürlich auch Bundespräsident Fischer, Hermann Maier und der ÖAMTC sollten sich von dieser Vorgangsweise, die Österreich international wieder einmal in den Generalverdacht bringe, ein engstirniges und fremdenfeindliches Land zu sein, distanzieren.

Zu der Affäre rund um ein internes Wahlkampfpapier der FPÖ, in dem als Strategie gegen die Grünen ihre, Lunaceks, Diffamierung als „Kampflesbe“ entworfen wurde, meinte die Grüne achselzuckend: „Ich muss die Mädels wenigstens nicht vorher in der Disco mit Corona abfüllen.“ Hans-Peter Martin schließlich versprach heute bei der Präsentation seiner neuesten technischen Errungenschaften, mit denen er Europa „ein gewaltiges Stück nach vorne“ bringen werde – es handelt sich hiebei um eine Nanokamera, die, auf die Stirn geklebt, wie ein eitriges Wimmerl wirkt, und einen vollautomatischen Spesenzettelausfüller –, er werde auch in dieser Funktionsperiode das tun, wofür ihn sämtliche seiner Kollegen im Europäischen Parlament und überhaupt alle Menschen weltweit so schätzten: ganz er selber sein. Seine Ausführungen wurden immer wieder vom Applaus des überraschend zur Pressekonferenz in der Tiefgarage der „Kronen Zeitung“ erschienenen Werner Faymann unter­brochen.

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort