Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Exil-Deutscher

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profil: Herr Strache, was müsste ­jemand aus der FPÖ sagen, um danach von Ihnen zum Rücktritt aufgefordert zu werden?
Strache: Das ist ja das Bestechende an unserer Partei: Bei uns kann jeder sagen, was er will.
profil: Ja. Das ist mir auch schon aufgefallen.
Strache: Aber, um jetzt ein völlig abwegiges Beispiel zu konstruieren: Wenn einer bei einem Ländermatch Deutschland gegen Israel provokant zu denen hilft, dann wird man sich ­sicher unterhalten müssen.
profil: Zu denen?
Strache: Na, zu den anderen halt.
profil: Aber ich dachte immer, es heißt: „Österreich zuerst!“
Strache: Eh. Sag ich ja.
profil: Was unterscheidet eigentlich den normalen Juden vom Exiljuden?
Strache: No, das liegt doch wohl auf der Hand. Der normale, brave Jude ist auch in schwierigen Zeiten seinem Land treu geblieben und hat seine Pflicht als Staatsbürger erfüllt.
profil: In Auschwitz?
Strache: Wissen Sie, was mich an dieser Debatte so stört, ist, dass sie immer so eindimensional geführt wird.
profil: Eindimensional? Inwiefern?
Strache: Nun, weil immer völlig ausgeblendet wird, dass es sicherlich auch genügend andere Möglichkeiten gegeben hat. Man hätte zum Beispiel als Minenräumer dafür sorgen können, dass das Wirtsvolk die Sache mit der problematischen Abstammung nicht mehr ganz so eng sieht.
profil: Oder als Selbstmordattentäter.
Strache: Ja. Stellen Sie sich vor, wie viele russische Panzer mit explodierenden Kippas … Aber gut, diese Chance wurde ja vertan.
profil: Sträflich leichtfertig das.
Strache: Und dann braucht man sich natürlich nicht wundern, wenn man als Nicht-Autochthoner in unser schönes Land kommt und Leuten, die fast alle jemanden in der Familie gehabt haben oder im Bekanntenkreis, der furchtbar viel mitgemacht hat in besagter schwieriger Zeit – Gefängnis, Entnazifizierung, das jahrzehntelange Ankämpfen gegen das Verbotsgesetz oder die Erkenntnis, dass die Linken immer die geileren Weiber haben –, wenn man also solchen Leuten blöd kommt, braucht man sich nicht wundern, wenn dem einen oder anderen vielleicht einmal der Kragen platzt und er „Exiljude“ oder so was sagt.
profil: Obwohl er es ja gar nicht so meint.
Strache: Natürlich nicht. Wir haben uns immer klar und deutlich von diesen Sachen abgegrenzt.
profil: Vor allem der anti-antifaschistische Herr Graf.
Strache: Ich kenne den Martin Graf schon lange. Einen demokratischeren Anti-Antifaschisten werden Sie nicht finden.
profil: Oder der Herr Gudenus.
Strache: Seit wir ihm draufgekommen sind, dass er seine Medikamente früher immer an sein Meerschweinchen verfüttert hat, sieht er manche Sachen ganz anders.
profil: Oder Andreas Mölzer.
Strache: Hören Sie, was ist das hier? Ein Word-Rap des Grauens? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie mir damit bei meinen Wählern schaden.
profil: Das ist ja das Problem: Nein, das glaube ich tatsächlich nicht.
Strache: Also warum verschwenden wir unsere Zeit mit so einem sinnlosen Thema. Wollen wir nicht lieber über was anderes reden?
profil: Was täte Ihnen denn vorschweben?
Strache: Ihre Leser sollen einmal die andere FPÖ kennen lernen.
profil: Welche wäre das denn?
Strache: Man hat mich zum Beispiel noch nie gefragt, ob ich im Kino ­weine.
profil: O. k. Weinen Sie im Kino?
Strache: Nein.
profil: Gut, dass wir darüber gesprochen haben.
Strache: Ja. So ein bissl Human Touch tut Ihrem Blattl sicher gut. Is eh immer so verkopft alles.
profil: Ja, wirklich.
Strache: Sie könnten mich auch fragen, warum ich mir jetzt einen Dreitagebart stehen lasse.
profil: Könnte ich, ja. Was ich noch nicht verstehe, ist das: Warum liegt ­Ihnen eigentlich so viel daran, nach ­jedem rechtsextremen Ausritt von ­irgendjemandem in Ihrer Partei zu ­erklären, dass die FPÖ ja eh voll gegen Rechtsextremismus ist?
Strache: Schade. Ich hatte gerade das Gefühl, dass unsere Beziehung in eine neue Phase eintritt.
profil: Ich meine, nachdem Sie richtig erkannt haben, dass es Ihnen eh nicht schadet, könnten Sie doch auch einfach sagen: „Exiljude“ ist selbstverständlich so gemeint, wie es sowieso jeder versteht. Und jetzt hauts euch über die Häuser!
Strache: Auch ich werde vermutlich zur Machtergreifung die Schwachmatiker von Christdemokraten brauchen. Und die sind halt manchmal ein wenig zimperlich.
profil: Machtergreifung mit den Christdemokraten? Das kommt mir ­irgendwie bekannt vor.
Strache: Mir auch. Und jetzt hauen Sie sich über die Häuser!

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Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort